Abteilung Ökophysiologie der Pflanzen, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
Ökophysiologie pflanzlicher Grenzflächen von Blättern und Wurzeln: ihre Bedeutung für die Anpassung an abiotischen Umweltstress
In Anpassung an das Leben auf dem Festland haben Höhere Pflanzen lipophile Grenzflächen entwickelt. Alle Blätter und Früchte sind zur umgebenden Gasphase hin mit einer Kutikula bedeckt, während die Zellwände der Wurzeln zum umgebenden Boden Suberin enthalten. Beides sind extrazelluläre lipophile Biopolymere, die für die Interkation der Pflanzen mit ihrer umgebenden Umwelt eine wichtige Rolle spielen. Die Kutikula der Blätter schützt die Pflanze vor unkontrolliertem Wasserverlust und sie verhindert das Eindringen von Pathogenen. Die suberinisierten Grenzflächen der Wurzeln tragen zur kontrollierten Aufnahme von Wasser und darin gelösten Nährstoffen bei. Parallel dazu müssen sie aber die Aufnahme von giftigen Stoffen und das Eindringen von Pathogenen verhindern und bei Bodentrockenheit die Wurzeln vor Austrocknung schützen. Insbesondere bei Reaktion auf abiotischen Umweltstress, wie Trockenheit, Hitze, Salzbelastung, Sauerstoffmangel und hohe Sonneneinstrahlung, sind diese Grenzflächen für das Überleben der Pflanzen von Bedeutung. In diesem Vortrag sollen verschiedene laufende Forschungsvorhaben und experimentell Ansätze zur Untersuchung pflanzlicher Grenzflächen vorgestellt werden und die Anpassungen der Pflanzen in Reaktion auf Umweltstress diskutiert werden.
Zur Person
Lukas Schreiber hat an der Universität Ulm und der Technischen Universität München Biologie studiert und anschließend im Jahr 1990 an der TU München in Botanik promoviert. Es schlossen sich mehrjährige Aufenthalte als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität Kaiserslautern und an der Universität Würzburg an. Seit 2001 ist er Leiter der Abteilung Ökophysiologie der Pflanzen an der Universität Bonn. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit verschiedensten Aspekten der Ökophysiologie pflanzlicher Grenzflächen von Blättern und Wurzeln. Arbeiten zu diesem Thema sind von grundlegendem ökophysiologischem Interesse, aber sie weisen auch eine Vielzahl von Anknüpfungen an angewandte Fragestellungen auf, wie den Pflanzenschutz, die Pflanzenernährung und die Interaktion von Pflanzen mit einer sich ändernden Umwelt.
Lehrstuhl Experimentelle Physik I, Fakultät Physik, Technische Universität Dortmund
Geschüttelt, nicht gerührt – James Bond im Visier der Physik
Alle kennen James Bond und lieben seine vielen waghalsigen Abenteuer, die er zu bestehen hat. Aber wie wahrscheinlich ist es wirklich, dass er das Flugzeug am Anfang des Films „Goldeneye“ in der Luft erreicht, oder wie funktioniert die Magnetuhr aus dem Film „Leben und Sterben lassen“ genau? Solche und ähnliche Fragen aus dem Leben des Top-Agenten werden in dem Vortrag aus physikalischer Sicht beantwortet und mit Filmsequenzen garniert. Zum Abschluß des Vortrages wird die Frage diskutiert, warum James Bond seinen Wodka-Martini stets geschüttelt und niemals gerührt zu sich nimmt.
Zur Person
Von 1984 bis 1989 studierte Metin Tolan an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Physik und Mathematik. Im Jahr 1993 schloss er dort seine Promotion im Bereich Röntgenstreuung ab. Es folgten Forschungsaufenthalte in den USA, bevor er sich 1998 an der CAU Kiel habilitierte. Im Jahr 2001 übernahm er den Lehrstuhl „Experimentelle Physik I“ an der Technischen Universität Dortmund.
Mithilfe von Röntgenstrahlung erforscht er das Verhalten von Grenzflächen so genannter „weicher Materie“, wie zum Beispiel von Polymeren, Flüssigkeiten oder Biomaterialien.
Tolan war von 2007 bis 2010 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rats von DESY in Hamburg. Er war außerdem Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und Mitglied im Lenkungsausschuss des Internetportals „Welt der Physik“. Er ist seit 2003 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Von September 2008 bis März 2011 war Metin Tolan Prorektor Forschung der TU Dortmund, von April 2011 bis September 2016 Prorektor Studium, und seit Oktober 2016 ist er Prorektor Finanzen.
Neben der wissenschaftlichen Arbeit widmet er sich der humoristisch-physikalischen Betrachtung von Fußball, Film und Fernsehen. So hält er zum Beispiel Vorträge zu Themen wie „Die Physik des Fußballspiels“, „Die Physik bei James Bond“, „Die Physik bei Star Trek“ oder „Titanic – Mehr als nur ein Untergang“. Dabei untersucht er (als bekennender Trekkie) Erfindungen, Stunts und Filmeffekte auf physikalische Machbarkeit und vergleicht die Filme auch mit der historischen Realität (z. B. RMS Titanic) oder präsentiert (als VfB-Stuttgart-Fan) eine Formel, die die Platzierung der deutschen Mannschaft bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft vorhersagt.
Tolan erhielt 2013 den mit 50.000 € dotierten Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft für seine vielfältige und besonders originelle Vermittlung physikalischer Fragestellungen und Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit und Medien. Für 2017 wurde Tolan der Robert-Wichard-Pohl-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) zugesprochen.
Artificial Intelligence Group, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
Technisch-wissenschaftliche Geschäftsführerin und Vorsitzende der Geschäftsführung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, Saarbrücken
Künstliche Intelligenz – Von Menschen für Menschen
Nichts hat unser Leben mehr verändert als die digitalen Technologien und dies oft mehr positiv als negativ. Der Vortrag zeigt das ungeheure Potential der Künstlichen Intelligenz als Vordenker-Gebiet der Informatik auf und wie wir dieses richtig nutzen können. Am Beispiel ganz unterschiedlicher Projekte aus dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz wird deutlich, wie KI-Technologie Ressourcen sparen kann, neuartige Bildungszugänge ermöglicht und in Industrie, Landwirtschaft oder dem Gesundheitsbereich neuen Lösungen den Weg bereitet.
Zur Person
Jana Koehler ist CEO und wissenschaftliche Direktorin des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) mit zurzeit fünf Standorten in Deutschland und mehr als 1000 Mitarbeitenden. Gegründet 1988, verbindet das DFKI in einer Public-Private-Partnership wissenschaftliche Spitzenleistung und wirtschaftsnahe Entwicklung mit gesellschaftlicher Wertschöpfung. An der Universität des Saarlandes hat Jana Koehler den Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz inne.
Koehler studierte Informatik und Wissenschaftstheorie an der Humboldt Universität in Berlin und promovierte an der Universität des Saarlandes. Von 1990 bis 1996 war sie Mitarbeiterin am DFKI und anschließend bis 1999 Assistentin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo sie habilitierte. Weitere berufliche Stationen waren der Aufzugshersteller Schindler AG und IBM Research Zürich. Forschungsaufenthalte absolvierte sie an den Universitäten Linköping, Maryland und Berkeley. Sie ist Spezialistin für KI, Kognitive Robotik und Industrie 4.0, für Software-Architektur sowie für Optimierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen und ist Ko-Autorin eines der wichtigsten Standards im Bereich Business Process Management (BPMN 2.0). Von 2010 bis Anfang 2019 war sie Professorin für Informatik an der Hochschule Luzern.
Prof. Koehler ist Mitglied der Gesellschaft für Informatik (GI) und der Association for the Advancement of Artificial Intelligence (AAAI).
Ihr Spezialgebiet sind KI-Methoden für flexible und optimierte Fertigungs- und Geschäftsprozesse.
¹ Leiter für Wissenschaft und Forschung bei der Naturwald Akademie gGmbH, Lübeck
² Freier Mitarbeiter Naturwald Akademie gGmbH, Projektleiter des Reallabor Wald, Lübeck
Das Spiel um die Zukunft – erlebnisorientierte Umweltbildung im schulischen Kontext
Ökologische Themen fristen in vielen Bildungs- und Schulkontexten immer noch ein Schattendasein. Einige argumentieren dies damit, dass es eine wenig griffige Teildisziplin der Biologie ist, andere beklagen fehlende oder nur sehr vorbereitungsintensive Möglichkeiten sich praktisch mit ökologischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Vor drei Jahren haben wir dies zum Anlass genommen, im Rahmen des Projekts Reallabor Wald der Naturwald Akademie gGmbH ein Bildungskonzept zu entwickeln, das Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit geben soll, sich im Sinne eines Freilandschülerlabors mit den vielfältigen Funktionen des Waldes vor allem in Bezug auf die Themen Klimawandel, Biodiversitätsschwund, Nachhaltigkeit und Ressourcenverbrauch praxisnah auseinanderzusetzen. Als weiteres Angebot zu unseren Outdoor-Kursen haben wir ein Spiel entwickelt, das die oben genannten Themen ebenso erlebnisorientiert vermittelt und so zum Nachdenken, Kommunizieren und Handeln einlädt. Und das Besondere daran ist, dass es ganz einfach im Klassenraum wie auch im Freiland ohne großen Materialaufwand eingesetzt werden kann.
In diesem Workshop möchten wir das entwickelte Spiel mit den Teilnehmenden ausprobieren und Möglichkeiten zeigen sowie diskutieren, wie dieses Spiel in eine Unterrichtseinheit eingebettet werden kann. Parallel dazu werden wir eine kurze Einführung in das erlebnisorientierte Lernen und in das Wesen von Interaktionsaufgaben geben. Eingebettet ist der Workshop thematisch in die Leistung und Bedeutsamkeit von Ökosystemen, die globale und lokale Ressourcenübernutzung, die verschiedenen Dimensionen von Nachhaltigkeit und daraus resultierende Interessenkonflikte.
Zu den Personen
Dr. Torsten Welle studierte Geographie mit anschließender Promotion in Bonn. Danach arbeitete er als stellvertretender Abteilungsleiter bei der Universität der Vereinten Nationen am Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit (UNU-EHS). Im Anschluss übernahm er die Leitung der Forschungsgruppe Risiko, Vulnerabilität und Resilienz am Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart. Seit 2016 arbeitet Dr. Torsten Welle als Leiter für Wissenschaft und Forschung bei der Naturwald Akademie gGmbH, wo es sein Ziel ist, den Wald und seine Rolle in der Mensch-Umwelt-Beziehung besser zu verstehen und die herausragende Bedeutung von Naturwäldern für das Leben auf der Erde zu unterstreichen.
Nils Andersen studierte Biologie und Englisch auf Lehramt an der Universität Kiel und absolvierte danach sein Referendariat. Seitdem arbeitet er als Lehrer an einem Lübecker Gymnasium. Freiberuflich ist er als Erlebnispädagoge und Lerncoach in verschiedenen Kontexten tätig. Seit 2017 arbeitet er als freier Mitarbeiter für die Naturwald Akademie gGmbH als Projektleiter des Reallabor Wald. Hier ist er in erster Linie für die konzeptionelle Ausgestaltung, Umsetzung und Durchführung verschiedenster Kurse und Projekte zuständig. Ein zentrales Anliegen für Nils Andersen ist die Verzahnung von Fachinhalten der MINT-Fächer mit erlebnisorientierten Lernmethoden, um Lernende sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der emotional-motivationalen Ebene zu erreichen und so ein tiefgreifendes Verständnis der Welt zu vermitteln.
Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig
Für alle Zeiten und Kulturen – Naturkonstanten und das Internationale Einheitensystem (Vortrag)
Was mit dem Urmeter und dem Urkilogramm begann, hat seit dem 20. Mai 2019 eine neue und wahrhaft stabile Grundlage erhalten. Ab diesem Zeitpunkt gelten Naturkonstanten als das Maß der Dinge. Sie definieren nun alle Einheiten im Internationalen Einheitensystem (SI). Eine Vision Max Plancks, der bereits im Jahr 1900 über „natürliche Maßeinheiten“ nachdachte, ist damit Realität geworden, und Artefakte wie das Urkilogramm gehören der Vergangenheit an. Das „neue SI“ ist damit zu einer universellen Sprache geworden, die prinzipiell immer und überall verstanden werden kann.
Ohne Ur-Kilogramm geht’s auch – Paradigmenwechsel im Einheitensystem (Workshop)
Bis vor Kurzem sagte ein kleiner Metallzylinder in einem Tresor in der Nähe von Paris, was ein Kilogramm ist, und zwei unendlich lange, unendlich dünne Leiter mussten in Gedanken gespannt werden, um dem elektrischen Strom seine Einheit zu geben. Derartiges gehört jedoch mittlerweile der Vergangenheit an, denn das Internationale Einheitensystem (SI) hat einen radikalen Umbau erfahren. Am 20. Mai 2019, dem Weltmetrologietag dieses Jahres, traten neue Definitionen der Einheiten in Kraft: Eine kleine Menge ausgewählter Naturkonstanten (Lichtgeschwindigkeit, Elementarladung, Planck’sches Wirkungsquantum, Boltzmann-Konstante, …) bildet von nun an das Fundament allen Messens. Der Workshop thematisiert den Umbau dieses Einheitensystems und möchte die Diskussion darüber anstoßen, wie dieser Paradigmenwechsel in der Schule vermittelbar ist.
Zur Person
Jens Simon (Jahrgang 1962) gehört zur Spezies der „echten Braunschweiger“. Nach dem Studium der Theoretischen Physik und der Germanistik ging er als Physiker nach Jülich und Hamburg, arbeitete danach mehrere Jahre als schreibender Wissenschaftsjournalist in Aachen, um doch schließlich der Attraktion Braunschweigs zu erliegen: In der PTB leitet er die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – das kleine gallische Dorf innerhalb der PTB (13 Einwohner plus einige Gäste). Dass alle Einheiten mittlerweile auch auf Alpha Centauri verstanden werden sollen, empfindet er zwar als schön. Aber wie die Einheiten in den irdischen Klassenzimmern vermittelt und verstanden werden können, ist leider noch ungeklärt.
¹ DESY, Zeuthen
² Netzwerk Teilchenwelt, Zeuthen
Cosmic@Web – Eine Online-Lernplattform zur Astroteilchenphysik
Bei der Behandlung von Teilchenphysik stellt die Verfügbarkeit von geeigneten Schulexperimenten eine große Herausforderung dar. Um Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden Einblicke in die Forschungsmethodik der Astroteilchenphysik zu ermöglichen, wurde bei DESY in Zeuthen und für das Netzwerk Teilchenwelt die Onlineplattform Cosmic@Web entwickelt. In dieser kann auf Daten von unterschiedlichen und weltweit verteilten Experimenten zugegriffen werden. Diese Daten können im Webinterface auf verschiedenen Niveaus nach vorgeschlagenen oder selbst gewählten Fragestellungen ausgewertet und in einer Vielzahl von Diagrammtypen visualisiert werden. Die Teilnehmenden des Workshops erhalten eine Einführung in die aktuelle Astroteilchenphysik und die Lernplattform. Es besteht die Möglichkeit, die Funktionen von Cosmic@Web zu erkunden und anschließend die Einsatzmöglichkeiten der Plattform in der Schulbildung zu diskutieren. Zum Abschluss wird ein Setup für den Selbstbau von Nebelkammern vorgestellt. Diese ermöglichen einen visuellen Einstieg in die Thematik und sind an vielen Standorten des Netzwerk Teilchenwelt kostenfrei entleihbar. Zur Teilnahme ist paarweise ein eigener Laptop oder ein Tablet erforderlich.
Zu den Personen
Carolin Schwerdt absolvierte 2011 den Master of Education (Physik und Mathematik) an der Universität Potsdam. Seit 2011 ist sie bei DESY in Zeuthen als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig und für die zentrale wissenschaftliche Koordination des Astroteilchen-Projekts im Netzwerk Teilchenwelt verantwortlich. An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit arbeitet sie an der Konzeption und Umsetzung von Angeboten zur Astroteilchenphysik für Jugendliche, Studierende und Lehrkräfte.
Michael Walter promovierte in Physik an der HU Berlin. Seit 1991 arbeitete er am DESY Hamburg und Zeuthen. Seit 2003 war er in der Astroteilchenphysik bei AMANDA und IceCube auf Neutrinosuche und hatte die Messung kosmischer Teilchen für das Schülerlabor physik.begreifen aufgebaut. Im Netzwerk Teilchenwelt arbeitet er nun ehrenamtlich an der Konzeption, Entwicklung und Betreuung des Astroteilchen-Projektes.
Didaktik der Chemie, Bergische Universität, Wuppertal
NEIK (Nachhaltige Experimente, Innovative Konzepte): Lichtlabor Pflanze
Photoprozesse, d. h. Vorgänge mit Beteiligung von Licht, haben bei vielen Vorgängen in Natur, Technik und Alltag Schlüsselfunktionen. Die Beispiele reichen von der Farbigkeit der Alltagsgegenstände bis zur Photosynthese in grünen Pflanzen, von den Vorgängen in der Atmosphäre und in unserem Auge bis zum Flachbildschirm des Fernsehers und der Solarzelle auf dem Dach. Die Energiewende, der Klimawandel und die Nachhaltigkeit sind globale Probleme des 21. Jahrhunderts, die nur gelöst werden können, wenn auch unsere Schuljugend für die Möglichkeiten sensibilisiert wird, die in der Nutzung des Solarlichts liegen. Photoprozesse sind interdisziplinär und können an verschiedenen Stellen des Chemieunterrichts und anderer MINT-Fächer eingesetzt werden. Sie bieten eine Fülle von motivierenden Kontexten, an denen die Basiskonzepte, Kompetenzen und lehrplankonforme Inhalte der Chemie und benachbarter Fächer, insbesondere Physik, Biologie, Informatik und Geographie, vermittelt und gefördert werden können.
Im Workshop stehen Modellexperimente zum „Lichtlabor Pflanze“ im Vordergrund. Dabei geht es um das Zusammenwirken von Chlorophyllen und Carotinoiden bei der Photosynthese sowie um die stofflichen und energetischen Grundlagen beim natürlichen Kreislauf Photosynthese und Atmung. Die didaktische Verwertung und curriculare Einbindung der Experimente in der Sekundarstufen I und II wird mithilfe von Unterrichtskonzeptionen, Arbeitsblättern, Modellanimationen und Lehrfilmen unterstützt.
Zur Person
Michael W. Tausch, langjähriger Chemielehrer (1976 bis 1995) an der Kooperativen Gesamtschule Kirchweyhe und Professor für Chemie und ihre Didaktik an den Universitäten Duisburg (1995 bis 2005) und Wuppertal (seit 2005), entwickelt Lehr- und Lernmaterialien als Print- und Elektronikmedien sowie als Interaktionsboxen mit experimentellem Equipment. Sein Forschungsinteresse gilt insbesondere der curricularen Innovation des Chemieunterrichts und des Chemie-Lehramtsstudiums. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Prozesse mit Licht. Auf diesem Gebiet leistet er Pionierarbeit für den Chemieunterricht und die benachbarten MINT-Fächer. Tausch erhielt im Jahr 2015 als erster Chemiedidaktiker den neu eingerichteten Heinz-Schmidkunz-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker.
Wilhelm und Else Heraeus-Seniorprofessor für neue Lehrkonzepte in der Physik am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin
Experimente mit Wolken, Nebel und Licht
Wolken-Bildung und -Bedeckung spielen hinsichtlich der Entwicklung unseres Klimas eine entscheidende Rolle. Dahinter verborgene Abläufe lassen sich in einem verblüffend einfachen Nebelkammerversuchsaufbau sehr anschaulich demonstrieren und erschließen. Dieses Experiment wollen wir gemeinsam durchführen und dabei erleben, wie die Druck- und Temperatur-Erniedrigung bei leicht feuchter Luft zu merklicher Nebelbildung in der Kammer führt. Die Ergiebigkeit des Prozesses wird drastisch erhöht, wenn minimale Mengen Rußpartikel oder Silber-Iodid in der Kammer verstreut werden. Letzteres wird bereits angewendet – beispielsweise bei Hagel-Fliegern oder bei Versuchen lokaler Niederschlagsbeeinflussung (beispielweise während der Olympischen Spiele in Peking). Der methodische Ansatz lässt jedoch wichtige Fragen – wie beispielswese nach der Umweltverträglichkeit der Methode – offen.
Es gibt jedoch vielversprechende Alternativen. So kann verblüffend starke Nebelbildung beispielsweise beobachtet werden, wenn in der Atmosphäre – wie beim Gewitter – elektrische Ladungsträger generiert werden. Die interessanteste Perspektive liefert jedoch das Licht: So ist es bereits möglich, Kondensationsprozesse in der Atmosphäre mittels intensiver Laserpulse signifikant zu beeinflussen und so die Entstehung von (Hagel)-Wolken zu verhindern. Auch können so kontrollierte Entladungen von Gewitterwolken erreicht werden. Die Funktionsweise des verwendeten Lasertyps wird zum Schluss in einem Demonstrationsexperiment vorgeführt werden.
Zur Person
Nach seinem Studium der Physik in Aachen, Bonn und Köln, Promotion in Bern und verschiedenen Auslandsaufenthalten in Stanford, Paris und Lausanne war Ludger Wöste von 1989 bis 2014 als C4-Professor für Experimentalphysik am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin tätig. Seitdem ist er Inhaber einer Wilhelm und Else Heraeus-Seniorprofessur für neue Lehrkonzepte in der Physik. Seine Lehr- und Forschungsgebiete sind die Ultrakurzzeitspektroskopie, die optische Fernerkundung der Atmosphäre und die Vermittlung der Inhalte moderner Forschung an die Öffentlichkeit und Schulen.
Über die Ergebnisse dieser Arbeiten hat er über 300 wissenschaftliche Veröffentlichungen, 3 Bücher und 13 Patente verfasst. Seine Arbeiten wurden mit dem Innovationspreis der Länder Berlin und Brandenburg, dem Smoluchowski-Warburg-Preis der Deutschen und Polnischen Physikalischen Gesellschaft, dem Gay-Lussac-Humboldt-Preis des Französischen Wissenschaftsministeriums, dem Preis des Wissenschaftsmagazins „La Recherche“ und dem Französischen Nationalpreis gewürdigt. Außerdem ist er Honorarprofessor der Universität Nanjing (China), Doctor honoris causa der Universität Claude Bernard, Lyon (Frankreich), und Doctor honoris causa der West Universität, Timisoara (Rumänien).
¹ Fachbereich Physik, AG Didaktik der Physik, Freie Universität Berlin
² Fachbereich Erziehungswissenschaften, AB Schulpädagogik/Schulentwicklungsforschung, Freie Universität Berlin
Interaktive Bildschirmexperimente: Realdatenbasierte digitale Repräsentation naturwissenschaftlicher Experimente
Kann ich mit ionisierender Strahlung oder Hochspannung gefahrlos experimentieren? Wie verhalten sich Elektronen, wenn man sie auf eine Kristalloberfläche schießt? Welche Masse hat die Erde? Natürlich gibt es Formeln dafür, aber die Zusammenhänge versteht man besser, wenn sie in Experimenten anschaulich und im eigenen Tempo nachvollziehbar werden. Weil Zeit und Raum für echte Experimente im Unterricht oft begrenzt sind, hat die Arbeitsgruppe für Didaktik der Physik der Freien Universität Berlin das Interaktive Bildschirmexperiment (IBE) entwickelt: Fotografisch repräsentierte Experimente lassen sich durch realitätsnahe Handlungen mit der Maus oder per Touchscreen am Bildschirm (Tablet) durchführen und liefern ein unmittelbares Feedback – generiert aus Bild-, Ton- und Messdaten. Dadurch entfallen sowohl der in vielen Fällen hohe Aufwand für computergenerierte Modelle, ihre dreidimensionale Visualisierung als auch die Bereitstellung von fernsteuerbaren Experimenten im Internet.
IBE werden im Unterricht der Schule und in der Lehre bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Mit dem Projekt „Technology Enhanced Textbook (TET)“ wurde das didaktisch-technologische Konzept des IBE auf das digitale „Lehrbuch der Zukunft“ übertragen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte das Projekt im Rahmen des von 2010 bis 2013 als Teil der sogenannten Hightech-Strategie für Deutschland. Die aus diesem Projekt weiterentwickelte Online-Plattform „tet.folio“ unterstützt Lernende durch eine digitale Erweiterung der Realität sowie durch Werkzeuge für die aktive Wissenskonstruktion und zum kooperativen Lernen. Ziel ist es, durch (angeleitetes) Selbermachen in digital erweiterten Lernumgebungen Kompetenzen im naturwissenschaftlichen Unterricht auf anschauliche Weise zu erwerben.
IBE lassen sich mit der in tet.folio integrierten Autorenumgebung herstellen, in digitales Lehr-Lernmaterial vielfältig einbetten und online bereitstellen. Durch die mögliche Entkopplung von Ort und Zeit des (mobilen) Experimentierens liefern IBE einen Beitrag zur Flexibilisierung des Lernens und können lebensbegleitende Lernprozesse wirksam unterstützen. In empirischen Studien wurde die Lerneffizienz der Kombination realer und virtueller Medien zum gleichen Inhalt untersucht. Ergebnis: Mit interaktiven Bildschirmexperimenten lernt man unter bestimmten Bedingungen nicht nur gleich gut, sondern sogar schneller.
Zu den Personen
Jürgen Kirstein forscht seit 1996 über multimediale Repräsentationen von realen Experimenten für das Lehren und Lernen in der Physik. Zuvor war er mehr als zehn Jahre als Studienrat für die Fächer Physik, Mathematik und Informatik im Schuldienst tätig. Er hat das IBE-Format im Rahmen seines Promotionsvorhabens entwickelt und zahlreiche Entwicklungs- und Evaluierungsprojekte zu Anwendungen von IBE in Schule und Hochschule konzipiert und verantwortlich geleitet. Seine Arbeiten wurden unter anderem mit dem European Academic Software Award (2000) ausgezeichnet. Als Kollegiat der Alcatel-Lucent Stiftung für Kommunikationsforschung war er 2002 am interdisziplinären Austausch zu Grundfragen multimedialer Lehre und Lernens beteiligt. Im Rahmen der Forschung und Entwicklung zu IBE hat er die vom BMBF geförderten Projekte „Technology Enhanced Textbook (TET)“ und „Erfahrungsbasiertes Lernen durch interaktives Experimentieren in erweiterten Realumgebungen (ELIXIER)“ (2016 bis 2018) maßgeblich konzipiert und beratend begleitet.
Sebastian Haase hat als verantwortlicher Entwickler die Web-Applikation „tet.folio“ implementiert und maßgeblich an der Konzeption mitgewirkt. Er konnte hier umfangreiche Erfahrungen aus seiner Promotion in der Biophysik einbringen, bei der er auch international gearbeitet hat. Seine Kompetenzen reichen von der Softwareentwicklung und Bildverarbeitung bis zur Hardwareentwicklung und Programmierung der jeweiligen Schnittstellen. Dabei sammelte er Erfahrungen in der Mikro-Controller-Programmierung und kann Skriptsprachen wie Python per Customized Runtime-Library-Interfaces an Hardwareschnittstellen anbinden. Er verfügt weiter über die nötige System-Administrator-Erfahrung, um die Hardwareschnittstellen per XML- oder JSON-Protokollen an HTTP-Webserver zu binden und diese damit über eine Online-Webseite entweder weltweit oder lokal hinter einer Firewall erreichbar zu machen. Im Rahmen von ELIXIER war er unter anderem für die Integration der tet.folio/IBE-Technologie in ein Lernanalyse-Modul und die tet.folio Infrastruktur zuständig. Seit 2019 ist er im Arbeitsbereich Schulpädagogik/Schulentwicklungsforschung für den Betrieb und die Weiterentwicklung der tet.folio-basierten Video-Plattform „FOCUS“ zuständig.
Nobelpreisträger für Physik 1987
IBM Fellow Emeritus, IBM Research, Zürich (Schweiz)
Supraleitung – vom Phänomen zur Technologie
Schon vor 100 Jahren hatte Kamerlingh Onnes, der Entdecker des Phänomens, revolutionäre Ideen zur Umsetzung in energietechnische Anwendungen. Träume zum verlustfreien Transport von elektrischer Energie und der Erzeugung hoher Magnetfelder musste er bald begraben. Erst in den späten 70er Jahren eröffnete sich die Möglichkeit mit Supraleitern Magnete für den Einsatz in Forschung und Medizin zu entwickeln. Einen neuen Impuls erlangte das Feld aber zum Zeitpunkt seines 75-jährigen Bestehens durch die Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung in einer neuen Klasse von Materialien. Die Weiterentwicklung dieser Materialien ermöglicht heute endlich den verlustfreien Transport elektrischer Energie, deren effizientere Erzeugung und Nutzung unter gleichzeitiger Einsparung wichtiger Ressourcen. Dies und unzählige weitere Einsatzfelder machen die Supraleitertechnologie zur Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts.
Zur Person
Georg Bednorz studierte Mineralogie und Kristallographie an der WWU in Münster. Während seiner Studienzeit arbeitete er wiederholt für mehrere Monate am IBM Forschungslabor in Rüschlikon in der Schweiz, wo er auch bis 1975 die Experimente zu seiner Diplomarbeit durchführen durfte. 1977 wechselte er für seine Doktorarbeit an das Laboratorium für Festkörperphysik der ETH Zürich. 1982 wurde Georg Bednorz wissenschaftlicher Mitarbeiter im Physikdepartment am IBM-Foschungslabor, an dem er sich weiter der Erforschung von oxidischen Materialien widmete. Bald wurde daraus die Suche nach neuartigen Supraleitern mit hohen Sprungtemperaturen, die er 1983 zusammen mit K. Alex Müller aufnahm. Nach ihrer Entdeckung der Hochtemperatursupraleitung in schichtartigen Kupferoxidverbindungen im Jahr 1986 erhielten Bednorz und Müller zahlreiche national und international bedeutende Ehrungen. 1987 wurden beide mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.