Department of Physics, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)
Auf der Suche nach den ältesten Sternen
Wenn man in einer mondlosen Nacht spazieren geht, kann man unzählige Sterne am Himmel sehen. Einige dieser Lichtpunkte scheinen schon seit 13 Milliarden Jahren. Dies sind die ältesten noch lebenden Objekte des Universums, welches selbst 13,8 Milliarden Jahre alt ist. Die „Stellare Archäologie“ hat als Ziel, diese extrem seltenen Sterne zu finden.
Die chemische Zusammensetzung dieser Sterne ergibt, dass sie nur Spuren von Elementen in sich enthalten, die schwerer als Wasserstoff und Helium sind. Das liegt daran, dass sie in einer Zeit geboren wurden, als es von schwereren Elementen, wie z.B. Kalzium oder Eisen, noch nicht viel gab. Dies bietet somit die Möglichkeit, lokale Milchstraßensterne für die Erforschung der Frühzeit des Universums zu benutzen, denn die ersten schwereren Elemente wurden von den allerersten sehr massereichen Sternen kurz nach dem Urknall synthetisiert und dann während ihrer Supernova-Explosionen ins All geschleudert. Diese chemischen Fingerabdrücke wurden den Sternen der nächsten Generation dann bei ihrer Entstehung aus riesigen Gaswolken mitgegeben. Diese viel leichteren Sterne sind auch heute noch beobacht- und analysierbar; ihre Zusammensetzung verrät uns Wesentliches über die ersten Nukleosyntheseprozesse, die chemische Entwicklung der Milchstraße sowie die Stern- und Galaxienentstehung.
In diesem Vortrag wird u.a. der Entdeckungsprozess von einigen der ältesten Sterne mit den Großteleskopen dargelegt. Mit Videos über das Beobachten mit den 6,5-Meter-Magellan-Teleskopen in der Atacama-Wüste in Chile wird ein einzigartiger Einblick in die Arbeit von Astronomen gegeben.
Zur Person
Anna Frebel ist Associate Professor am Department für Physik des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (Massachusetts), USA. Die gebürtige Deutsche erwarb 2007 ihren Doktortitel in Astronomie und Astrophysik von der Australischen Nationaluniversität, wo sie am Mt. Stromlo Observatorium forschte. Mit renommierten Stipendien arbeitete sie daraufhin als Postdoktorandin an der Universität von Texas in Austin und am Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik in Cambridge, Massachusetts. Seit 2012 ist Frebel am MIT als Professorin tätig. Sie ist eine international führende Expertin der Stellaren Archäologie und Nahfeldkosmologie. Diese Gebiete beschäftigen sich mit dem Studium 13 Milliarden Jahre alter Sterne, um darüber die physikalischen und chemischen Bedingungen des frühen Universums sowie den Ursprung der Elemente und die Entstehung unserer Milchstraßengalaxie zu verstehen.
Für ihre Forschungsergebnisse zur chemischen Entwicklung und zu den Entdeckungen der ältesten bekannten Sterne hat Frebel viele Auszeichnungen und Preise erhalten, wie z.B. 2007 den Charlene-Heisler-Preis (Astronomische Gesellschaft von Australien), 2009 den Ludwig-Biermann-Förderpreis (Deutsche Astronomische Gesellschaft) und 2010 die Annie-Jump-Cannon-Auszeichnung (Amerikanische Astronomische Gesellschaft). 2013 wurde ihr der CAREER Award der Nationalen Wissenschaftsstiftung der USA verliehen. 2016 wurde sie in die Liste der zehn vielversprechendsten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ScienceNews Magazine aufgenommen.
Weiterhin gibt Frebel regelmäßig Seminare zu professionellem Career Development und Leadership Training (meist) für Frauen in der Wissenschaft, hält Vorträge und schreibt Artikel, um die Astronomie der Öffentlichkeit nahezubringen. Dies ist auch das Anliegen ihres populärwissenschaftlichen Buches „Auf der Suche nach den ältesten Sternen“ (S. Fischer Verlag).
Department of Mechanical Engineering, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)
4D-Druck: Geometrie, Elastizität und formverändernde Strukturen
Formveränderung in der Natur zeigt sich, zum Beispiel, bei Pflanzen- und Blütenblättern, welche mittels komplexer Wachstumsvorgänge entstehen und sich weiter verändern. Jüngste Entwicklungen in 3D-Druck und Materialwissenschaften ermöglichen es Forschern, Strukturen herzustellen, welche ähnliche Fähigkeiten der Formveränderung aufweisen. Strukturen können in einer bestimmten Form, zum Beispiel flach, hergestellt und dann durch Vorgänge wie Wärmezugabe aktiviert werden und ihre Form verändern (4D-Druck). Diese Technologie kann neue Anwendungen in der Robotik finden, zum Beispiel artifizielle Muskulatur. In diesem Vortrag werden die geometrischen und elastischen Prinzipien erläutert, die solchen Formänderungen zugrunde liegen. Wir werden uns sowohl auf die Vorhersage als auch auf den Designaspekt konzentrieren und wie sie mittels Computersimulationen gelöst werden können. Die Vorhersage behandelt, wie wir die Formveränderung bei gegebener Kombination von Materialien und ihrer Anordnung vorhersagen können. Der Designaspekt beantwortet, wie wir durch die Kombination verschiedener Materialien und ihrer Anordnung eine gewünschte Ziel-Form erhalten. Am Ende des Vortrags wird ein experimentelles Beispiel besprochen, in dem all diese Aspekte zusammenkommen, um eine flache Struktur in eine vertraute komplexe Form zu ändern.
Zur Person
Wim M. van Rees ist seit 2017 Assistenzprofessor im Departement Maschinenbau am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Davor arbeitete er also Postdoktorand an der School of Engineering and Applied Sciences der Harvard University. Wim promovierte an der ETH Zürich (Schweiz) und erhielt einen BSc und MSc in Schiffsbau von der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Seine Forschungsinteressen sind die Anwendung komplexer numerischer Computersimulationen im Bereich von Flüssigkeiten, Strukturen und Wechselwirkungen zwischen Flüssigkeiten und Strukturen. Wims Vision für zukünftige Forschung ist es, bioinspirierte Verformung flexibler Strukturen in Fluidströmen für den Antrieb von Unterwasser-Robotern oder für erneuerbare Energien im Bereich Wasserkraft zu nutzen.
Lehrstuhl für Chemistry of Thin Film Materials, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Alumnus des Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)
Aus Blei mach Gold: Nanostrukturierte Grenzflächen für die Energieumwandlung
Die Gewinnung von Sonnenenergie in elektrischer Form, ihre Speicherung in chemischer Form in Batterien oder Brennstoffen, sowie die umgekehrten Verwandlungen beruhen immer auf dem Austausch von Elektronen an einer Grenzfläche. Diese Grenzfläche kann zwei Halbleiter trennen (beziehungsweise verbinden), einen Festkörper und eine flüssige Elektrolytlösung, oder sogar zwei Flüssigkeiten im Fall der natürlichen Photosynthese. Künstliche Solarzellen, Brennstoffzellen und Batterien erreichen allerdings die ausgezeichnete geometrische Kontrolle des biologischen Vorbilds auf der Größenskala von 10 bis 100 Nanometer nicht, die sehr wohl von Bedeutung für die Optimierung des Elektronenaustausches ist. Chemische Methoden zur Erzeugung hochgeordneter Nanoporen und zur systematischen Variation von deren Größe ermöglichen nicht nur die Erforschung grundliegender geometrischer Effekte in den unterschiedlichen Energieumwandlungsbauteilen, sondern dadurch auch die Anwendung alternativer Materialien, insbesondere nicht-toxischer Verbindungen breit verfügbarer Elemente. Deren Kombination erfordert allerdings auch die Anpassung von deren Grenzflächen bis auf die atomare Skala.
Zur Person
Julien Bachmann (*1978) studierte Chemie an der Université de Lausanne in der Schweiz und promovierte 2006 am MIT. Nach einem Forschungsaufenthalt als Humboldt-Stipendiat am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle startete er im Jahr 2009 seine unabhängige Karriere als Juniorprofessor im Department Physik der Universität Hamburg. Er wurde 2012 an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg berufen, wo er seit 2017 den Lehrstuhl für ‚Chemistry of Thin Film Materials‘ innehat.
Abteilung Ökophysiologie der Pflanzen, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
Ökophysiologie pflanzlicher Grenzflächen von Blättern und Wurzeln: ihre Bedeutung für die Anpassung an abiotischen Umweltstress
In Anpassung an das Leben auf dem Festland haben Höhere Pflanzen lipophile Grenzflächen entwickelt. Alle Blätter und Früchte sind zur umgebenden Gasphase hin mit einer Kutikula bedeckt, während die Zellwände der Wurzeln zum umgebenden Boden Suberin enthalten. Beides sind extrazelluläre lipophile Biopolymere, die für die Interkation der Pflanzen mit ihrer umgebenden Umwelt eine wichtige Rolle spielen. Die Kutikula der Blätter schützt die Pflanze vor unkontrolliertem Wasserverlust und sie verhindert das Eindringen von Pathogenen. Die suberinisierten Grenzflächen der Wurzeln tragen zur kontrollierten Aufnahme von Wasser und darin gelösten Nährstoffen bei. Parallel dazu müssen sie aber die Aufnahme von giftigen Stoffen und das Eindringen von Pathogenen verhindern und bei Bodentrockenheit die Wurzeln vor Austrocknung schützen. Insbesondere bei Reaktion auf abiotischen Umweltstress, wie Trockenheit, Hitze, Salzbelastung, Sauerstoffmangel und hohe Sonneneinstrahlung, sind diese Grenzflächen für das Überleben der Pflanzen von Bedeutung. In diesem Vortrag sollen verschiedene laufende Forschungsvorhaben und experimentell Ansätze zur Untersuchung pflanzlicher Grenzflächen vorgestellt werden und die Anpassungen der Pflanzen in Reaktion auf Umweltstress diskutiert werden.
Zur Person
Lukas Schreiber hat an der Universität Ulm und der Technischen Universität München Biologie studiert und anschließend im Jahr 1990 an der TU München in Botanik promoviert. Es schlossen sich mehrjährige Aufenthalte als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität Kaiserslautern und an der Universität Würzburg an. Seit 2001 ist er Leiter der Abteilung Ökophysiologie der Pflanzen an der Universität Bonn. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit verschiedensten Aspekten der Ökophysiologie pflanzlicher Grenzflächen von Blättern und Wurzeln. Arbeiten zu diesem Thema sind von grundlegendem ökophysiologischem Interesse, aber sie weisen auch eine Vielzahl von Anknüpfungen an angewandte Fragestellungen auf, wie den Pflanzenschutz, die Pflanzenernährung und die Interaktion von Pflanzen mit einer sich ändernden Umwelt.
Lehrstuhl Experimentelle Physik I, Fakultät Physik, Technische Universität Dortmund
Geschüttelt, nicht gerührt – James Bond im Visier der Physik
Alle kennen James Bond und lieben seine vielen waghalsigen Abenteuer, die er zu bestehen hat. Aber wie wahrscheinlich ist es wirklich, dass er das Flugzeug am Anfang des Films „Goldeneye“ in der Luft erreicht, oder wie funktioniert die Magnetuhr aus dem Film „Leben und Sterben lassen“ genau? Solche und ähnliche Fragen aus dem Leben des Top-Agenten werden in dem Vortrag aus physikalischer Sicht beantwortet und mit Filmsequenzen garniert. Zum Abschluß des Vortrages wird die Frage diskutiert, warum James Bond seinen Wodka-Martini stets geschüttelt und niemals gerührt zu sich nimmt.
Zur Person
Von 1984 bis 1989 studierte Metin Tolan an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Physik und Mathematik. Im Jahr 1993 schloss er dort seine Promotion im Bereich Röntgenstreuung ab. Es folgten Forschungsaufenthalte in den USA, bevor er sich 1998 an der CAU Kiel habilitierte. Im Jahr 2001 übernahm er den Lehrstuhl „Experimentelle Physik I“ an der Technischen Universität Dortmund.
Mithilfe von Röntgenstrahlung erforscht er das Verhalten von Grenzflächen so genannter „weicher Materie“, wie zum Beispiel von Polymeren, Flüssigkeiten oder Biomaterialien.
Tolan war von 2007 bis 2010 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rats von DESY in Hamburg. Er war außerdem Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und Mitglied im Lenkungsausschuss des Internetportals „Welt der Physik“. Er ist seit 2003 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Von September 2008 bis März 2011 war Metin Tolan Prorektor Forschung der TU Dortmund, von April 2011 bis September 2016 Prorektor Studium, und seit Oktober 2016 ist er Prorektor Finanzen.
Neben der wissenschaftlichen Arbeit widmet er sich der humoristisch-physikalischen Betrachtung von Fußball, Film und Fernsehen. So hält er zum Beispiel Vorträge zu Themen wie „Die Physik des Fußballspiels“, „Die Physik bei James Bond“, „Die Physik bei Star Trek“ oder „Titanic – Mehr als nur ein Untergang“. Dabei untersucht er (als bekennender Trekkie) Erfindungen, Stunts und Filmeffekte auf physikalische Machbarkeit und vergleicht die Filme auch mit der historischen Realität (z. B. RMS Titanic) oder präsentiert (als VfB-Stuttgart-Fan) eine Formel, die die Platzierung der deutschen Mannschaft bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft vorhersagt.
Tolan erhielt 2013 den mit 50.000 € dotierten Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft für seine vielfältige und besonders originelle Vermittlung physikalischer Fragestellungen und Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit und Medien. Für 2017 wurde Tolan der Robert-Wichard-Pohl-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) zugesprochen.
Artificial Intelligence Group, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
Technisch-wissenschaftliche Geschäftsführerin und Vorsitzende der Geschäftsführung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, Saarbrücken
Künstliche Intelligenz – Von Menschen für Menschen
Nichts hat unser Leben mehr verändert als die digitalen Technologien und dies oft mehr positiv als negativ. Der Vortrag zeigt das ungeheure Potential der Künstlichen Intelligenz als Vordenker-Gebiet der Informatik auf und wie wir dieses richtig nutzen können. Am Beispiel ganz unterschiedlicher Projekte aus dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz wird deutlich, wie KI-Technologie Ressourcen sparen kann, neuartige Bildungszugänge ermöglicht und in Industrie, Landwirtschaft oder dem Gesundheitsbereich neuen Lösungen den Weg bereitet.
Zur Person
Jana Koehler ist CEO und wissenschaftliche Direktorin des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) mit zurzeit fünf Standorten in Deutschland und mehr als 1000 Mitarbeitenden. Gegründet 1988, verbindet das DFKI in einer Public-Private-Partnership wissenschaftliche Spitzenleistung und wirtschaftsnahe Entwicklung mit gesellschaftlicher Wertschöpfung. An der Universität des Saarlandes hat Jana Koehler den Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz inne.
Koehler studierte Informatik und Wissenschaftstheorie an der Humboldt Universität in Berlin und promovierte an der Universität des Saarlandes. Von 1990 bis 1996 war sie Mitarbeiterin am DFKI und anschließend bis 1999 Assistentin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo sie habilitierte. Weitere berufliche Stationen waren der Aufzugshersteller Schindler AG und IBM Research Zürich. Forschungsaufenthalte absolvierte sie an den Universitäten Linköping, Maryland und Berkeley. Sie ist Spezialistin für KI, Kognitive Robotik und Industrie 4.0, für Software-Architektur sowie für Optimierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen und ist Ko-Autorin eines der wichtigsten Standards im Bereich Business Process Management (BPMN 2.0). Von 2010 bis Anfang 2019 war sie Professorin für Informatik an der Hochschule Luzern.
Prof. Koehler ist Mitglied der Gesellschaft für Informatik (GI) und der Association for the Advancement of Artificial Intelligence (AAAI).
Ihr Spezialgebiet sind KI-Methoden für flexible und optimierte Fertigungs- und Geschäftsprozesse.
Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig
Für alle Zeiten und Kulturen – Naturkonstanten und das Internationale Einheitensystem (Vortrag)
Was mit dem Urmeter und dem Urkilogramm begann, hat seit dem 20. Mai 2019 eine neue und wahrhaft stabile Grundlage erhalten. Ab diesem Zeitpunkt gelten Naturkonstanten als das Maß der Dinge. Sie definieren nun alle Einheiten im Internationalen Einheitensystem (SI). Eine Vision Max Plancks, der bereits im Jahr 1900 über „natürliche Maßeinheiten“ nachdachte, ist damit Realität geworden, und Artefakte wie das Urkilogramm gehören der Vergangenheit an. Das „neue SI“ ist damit zu einer universellen Sprache geworden, die prinzipiell immer und überall verstanden werden kann.
Ohne Ur-Kilogramm geht’s auch – Paradigmenwechsel im Einheitensystem (Workshop)
Bis vor Kurzem sagte ein kleiner Metallzylinder in einem Tresor in der Nähe von Paris, was ein Kilogramm ist, und zwei unendlich lange, unendlich dünne Leiter mussten in Gedanken gespannt werden, um dem elektrischen Strom seine Einheit zu geben. Derartiges gehört jedoch mittlerweile der Vergangenheit an, denn das Internationale Einheitensystem (SI) hat einen radikalen Umbau erfahren. Am 20. Mai 2019, dem Weltmetrologietag dieses Jahres, traten neue Definitionen der Einheiten in Kraft: Eine kleine Menge ausgewählter Naturkonstanten (Lichtgeschwindigkeit, Elementarladung, Planck’sches Wirkungsquantum, Boltzmann-Konstante, …) bildet von nun an das Fundament allen Messens. Der Workshop thematisiert den Umbau dieses Einheitensystems und möchte die Diskussion darüber anstoßen, wie dieser Paradigmenwechsel in der Schule vermittelbar ist.
Zur Person
Jens Simon (Jahrgang 1962) gehört zur Spezies der „echten Braunschweiger“. Nach dem Studium der Theoretischen Physik und der Germanistik ging er als Physiker nach Jülich und Hamburg, arbeitete danach mehrere Jahre als schreibender Wissenschaftsjournalist in Aachen, um doch schließlich der Attraktion Braunschweigs zu erliegen: In der PTB leitet er die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – das kleine gallische Dorf innerhalb der PTB (13 Einwohner plus einige Gäste). Dass alle Einheiten mittlerweile auch auf Alpha Centauri verstanden werden sollen, empfindet er zwar als schön. Aber wie die Einheiten in den irdischen Klassenzimmern vermittelt und verstanden werden können, ist leider noch ungeklärt.
Nobelpreisträger für Physik 1987
IBM Fellow Emeritus, IBM Research, Zürich (Schweiz)
Supraleitung – vom Phänomen zur Technologie
Schon vor 100 Jahren hatte Kamerlingh Onnes, der Entdecker des Phänomens, revolutionäre Ideen zur Umsetzung in energietechnische Anwendungen. Träume zum verlustfreien Transport von elektrischer Energie und der Erzeugung hoher Magnetfelder musste er bald begraben. Erst in den späten 70er Jahren eröffnete sich die Möglichkeit mit Supraleitern Magnete für den Einsatz in Forschung und Medizin zu entwickeln. Einen neuen Impuls erlangte das Feld aber zum Zeitpunkt seines 75-jährigen Bestehens durch die Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung in einer neuen Klasse von Materialien. Die Weiterentwicklung dieser Materialien ermöglicht heute endlich den verlustfreien Transport elektrischer Energie, deren effizientere Erzeugung und Nutzung unter gleichzeitiger Einsparung wichtiger Ressourcen. Dies und unzählige weitere Einsatzfelder machen die Supraleitertechnologie zur Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts.
Zur Person
Georg Bednorz studierte Mineralogie und Kristallographie an der WWU in Münster. Während seiner Studienzeit arbeitete er wiederholt für mehrere Monate am IBM Forschungslabor in Rüschlikon in der Schweiz, wo er auch bis 1975 die Experimente zu seiner Diplomarbeit durchführen durfte. 1977 wechselte er für seine Doktorarbeit an das Laboratorium für Festkörperphysik der ETH Zürich. 1982 wurde Georg Bednorz wissenschaftlicher Mitarbeiter im Physikdepartment am IBM-Foschungslabor, an dem er sich weiter der Erforschung von oxidischen Materialien widmete. Bald wurde daraus die Suche nach neuartigen Supraleitern mit hohen Sprungtemperaturen, die er 1983 zusammen mit K. Alex Müller aufnahm. Nach ihrer Entdeckung der Hochtemperatursupraleitung in schichtartigen Kupferoxidverbindungen im Jahr 1986 erhielten Bednorz und Müller zahlreiche national und international bedeutende Ehrungen. 1987 wurden beide mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Nobelpreisträger für Chemie 1988
Direktor Emeritus der Gruppe für Strukturforschung am Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried
Schönheit und Zweckmäßigkeit — Die Architektur der Proteine, der Bausteine des Lebens
Proteinstrukturen in atomarer Auflösung werden mit immer höherer Geschwindigkeit bestimmt. Dies wurde ermöglicht durch die schnell fortschreitende Entwicklung von Methoden und Instrumenten in der Proteinkristallographie, der Elektronenmikroskopie und der NMR-Spektroskopie. So können heute sehr große und komplexe Proteinstrukturen ermittelt werden. Diese Strukturen dokumentieren die Schönheit und grenzenlose Vielseitigkeit der Architektur der Proteine, aber enthüllen auch unerwartete Verwandtschaftsbeziehungen, welche einen Blick weit in die Vergangenheit der biologischen Evolution ermöglichen. Diese Strukturen bilden die Grundlage für das Verständnis von Bindungspezifitäten und katalytischen Eigenschaften der Proteine (Chemie), ihren spektralen Eigenschaften und Elektronentransferfunktionen (Physik) und ihrer Rolle in physiologischen Systemen (Biologie und Medizin). Sie erlauben es, spezifische Bindungspartner für Zielproteine zu entwickeln, was neue Strategien für Therapien, Medikamentenentwicklung und den Schutz von Nutzpflanzen eröffnet.
Zur Person
Robert Huber ist ein deutscher Chemiker und Nobelpreisträger. Er studierte, promovierte und habilitierte sich im Fach Chemie an der TU München. Von 1971 bis 2005 war er Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München. Er erhielt den Nobelpreis im Bereich Chemie 1988 zusammen mit Johann Deisenhofer und Hartmut Michel „für die Erforschung der dreidimensionalen Struktur des Reaktionszentrums der Photosynthese bei einem Purpurbakterium“. Robert Huber leitet als Direktor Emeritus die Gruppe für Strukturforschung am MPI für Biochemie in Martinsried. Darüber hinaus besetzt er mehrere Gastprofessuren an Universitäten in Wales, Singapur, Deutschland und Spanien. Als Mitbegründer der Biotech-Unternehmen Proteros (1997) und SuppreMol (2005) nimmt er in beiden Unternehmen beratende Funktionen ein. Seit 1988 ist Huber ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1990 wurde er zu einem Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 2005 forscht Robert Huber als Gastprofessor am Zentrum für Medizinische Biotechnologie der Universität Duisburg-Essen.
Arbeitsgruppe für Experimentelle Teilchenphysik der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Das Higgs-Boson — Was haben wir davon?
Wohl kaum ein wissenschaftliches Ergebnis der Grundlagenforschung hat in den letzten Jahren so viel öffentliches Interesse erregt wie die Entdeckung eines Higgs-Bosons am europäischen Labor für Teilchenphysik CERN im Sommer 2012.
Ist es das lang gesuchte Higgs-Boson des Standard-Modells? Ist es ein anderes Higgs-Boson? Wofür braucht man das Higgs-Boson? Was wissen wir schon über das neue Elementarteilchen? Was müssen wir noch herausfinden? Wie macht man das überhaupt? Was bringt uns dieses Wissen eigentlich? Und was hat das alles mit dem Universum zu tun? Fragen über Fragen, die im Vortrag erläutert werden.
Zur Person
Klaus Desch ist Professor für Experimentalphysik an der Universität Bonn. Er arbeitet auf dem Gebiet der Elementarteilchenphysik an großen Beschleunigeranalagen, vor allem im ATLAS-Experiment am LHC-Beschleuniger am CERN. Sein Interesse gilt der Erforschung des Higgs-Bosons und der Suche nach neuen Teilchen und Phänomenen bei höchsten Energien. Er arbeitet auch an der Vorbereitung zukünftiger Beschleunigerprojekte und entwickelt neue Teilchendetektoren. Desch hat 1995 in Bonn promoviert, ging dann als Fellow ans CERN. Weitere Stationen führten ihn an die Universitäten Hamburg und Freiburg, bevor er 2006 an das Physikalische Institut der Universität Bonn berufen wurde.