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Prof. Dr. rer. nat. Gero Wedemann

Prof. Dr. rer. nat. Gero WedemannHochschule Stralsund

Die dreidimensionale Struktur des Zellkerns und seine Auswirkungen in der Computersimulation
Im Zellkern höherer Lebewesen ist das Erbgut dreidimensional funktional gepackt. Die räumliche Struktur hat direkten Einfluss auf Aktivitäten im Zellkern und wird von der Zelle aktiv gesteuert. Störungen davon stehen im engen Zusammenhang mit der Entstehung vieler Krankheiten. Die DNA ist zunächst um Proteine gewickelt und bildet Zylinder, die ca. 11 nm groß sind. Dies ergibt eine Perlenkettenähnliche Struktur, die weiter ins sogenannte Chromatin kondensiert, das das Baumaterial für die Chromosomen darstellt. Die Struktur der Nukleosomen ist gut bekannt, die des Chromatins ist nach wie vor stark umstritten. Die experimentellen Ergebnisse beleuchten immer nur einen speziellen Aspekt und sind mit Fehlern behaftet. Computersimulationen bieten hier die Möglichkeit, diese verschiedenen Aspekte zusammen-zubringen. In meiner Arbeitsgruppe haben wir ein Computer-modell entwickelt, das mit einer Auflösung einzelner Nukleosomen die Bedingungen für Bildung unterschiedlicher Strukturen erklärt. Dabei kommen sogenannte Monte Carlo und Replica Exchange Algorithmen zum Einsatz. Die Rechnungen sind so umfangreich, dass für eine einzelne Rechnungen selbst die aktuelle leistungsfähigsten Supercomputer mehrere Wochen rechnen müssen. Das Ergebnis sind vielfältige Einsichten in die dreidimensionale Struktur des Genoms und dessen Regulation.

Zur Person
Prof.Wedemann forscht über die Computersimulation der dreidimensionalen Struktur des Genoms. Seine Arbeitsgruppe hat dazu verschiedene Simulationssoftware entwickelt und rechnet auf Supercomputern der TOP 500-Liste.

Er studierte Physik in Freiburg und Heidelberg und promovierte nach einem Forschungsaufenthalt am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in Heidelberg bei Prof. Grassberger an der Universität Wuppertal.
Seit 2002 ist Gero Wedemann Professor für Informatik an der Hochschule Stralsund und leitet dort seit 2009 das Institute for Applied Computer Science.

Dr. Matthias Hirsch

Dr. Matthias HirschMax-Planck-Institut für Plasmaphysik, Greifswald

Kernfusion: Eine Energiequelle der Zukunft (?)
Auf lange Sicht muss sich die Versorgung mit Energie auf die verschiedenen Formen der Sonnenenergie – Wind, Wärme und Licht – auf die Kernspaltung mit Brütertechnologie oder auf die Kernfusion stützen; fossile Brennstoffe belasten die Umwelt und gehen zu Ende. Die Kernfusion, die Verschmelzung leichter Atomkerne zu schwereren, ist die Energiequelle der Sterne und der Sonne. Ein gleichmäßig laufendes Fusionskraftwerk würde ein ringförmiges „toroidales“ Magnetfeld nutzen, um das heiße, leuchtende Plasma so einzuschließen, dass es genug Energie erzeugt, um sich selbst, ähnlich wie ein Feuer, bei hohen Temperaturen am Brennen zu halten. Dieses Ziel ist physikalisch und technisch sehr ambitioniert und fordert Forschung und Entwicklung in einem breiten Feld, von der Modellierung dynamischer Vorgänge in einem Plasma bis zur Entwicklung neuer Messverfahren und neuer Materialien.

In Greifswald steht mit dem WENDELSTEIN 7-X eine der am weitesten fortgeschrittenen Testanlagen auf diesem Weg und das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik ist eines der derzeitigen Zentren der Fusionsforschung. Im September beginnt nach einer mehrjährigen Umbaupause die zweite große Experimentkampagne. Ich möchte Ihnen an Beispielen zeigen wo wir stehen und was die noch offenen Fragen auf dem Weg zu einem energieliefernden Fusionsreaktor sind.

Wie bei jeder Energiequelle muss man auch bei der Kernfusion den möglichen Energiegewinn bewerten im Hinblick auf den Rohstoffverbrauch Rohstoffen, auf die entstehenden Abfälle und auf mögliche Risiken.

Zur Person
Matthias Hirsch studierte in Würzburg Physik. Sein besonderes Interesse lag dabei auf der Energietechnik. Nach der Promotion wechselte er in die Fusionsforschung und war in Garching Mitglied des Teams, das den ersten modularen Stellarator W7-AS betrieb. Nach Beendigung dieser Experimente wechselte er, nach Greifswald, um die Diagnostik für W7-X vorzubereiten und zu entwickeln.
Seit Inbetriebnahme des W7-X leitet Dr. Hirsch die Arbeitsgruppe Zentralplasma Diagnostik, die Methoden zur Charakterisierung des Plasmainneren entwickelt, diese Diagnostiken betreibt und die Messungen im Hinblick auf eine Optimierung des W7-X.

Prof. Dr. Stefan Finke

Prof. Dr. Stefan FinkeFriedrich- Loeffler-Institut, Insel Riems

Neuroinfektion: Wie Viren das Nervensystem infizieren
Viren kommen überall vor und wir werden täglich mit diesen faszinierenden „infektiösen Nanomaschinen“ konfrontiert. Wir nehmen Viren erst war, wenn sie Krankheiten auslösen, deren Spanne vom „banalen Schnupfen“ bis hin zu tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten reicht. Besonders gefürchtet sind Infektionen des Nervensystems. Am Beispiel ausgewählter neuro-invasiver Viren gibt dieser Vortrag Einblicke darin, wie Viren das Nervensystem infizieren und wie köpereigene Barrieren überwunden werden. Ein besonderes Augenmerk wird auch darauf gerichtet, wie tödliche verlaufene Infektionen des zentralen Nervensystems durch einfache Schutzimpfungen vermieden werden können.

Zur Person
Prof. Dr. rer. nat. Stefan Finke ist Leiter des Institutes für molekulare Virologie und Zellbiologie (IMVZ) am Friedrich-Loeffler-Institut, Insel Riems, und Professor an der Universität Greifswald. Nach dem Biologiestudium in Münster (NRW), promovierte er an der an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen zum Doktor der Naturwissenschaften mit Arbeiten zur RNA-Synthese von Tollwutviren, die er an der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere (BFAV) in Tübingen durchführte. Nach mehrjähriger Tätigkeit am Max von Pettenkofer Institut / Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München habilitierte er im Fach Virologie. Seit 2006 betreibt er am Friedrich-Loeffler-Institut Forschung auf dem Gebiet neuroinvasiver und zoonotischer RNA Viren und verfügt über einen Lehrauftrag für das Fach Virologie an der Universität Greifswald.

Prof. Dr. Johannes Krause

Prof. Dr. Johannes KrauseMax-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig

Hybris – Die Reise der Menschheit: Zwischen Aufbruch und Scheitern
Die Menschheit steht am Scheideweg: Hat unsere Spezies eine Zukunft? In atemberaubendem Tempo haben die Menschen den Planeten ihren Bedürfnissen unterworfen. Im 21. Jahrhundert stehen sie vor den Scherben ihres Tuns: Die natürlichen Ressourcen sind erschöpft, die Klimaerwärmung stellt eine tödliche Bedrohung dar und globale Pandemien bedeuten akute Gefahr. Werden wir auch diese Krise meistern? Prof. Johannes Krause spricht in seinem Vortrag darüber, was wir aus der Vergangenheit zur Bewältigung dieser Herausforderungen lernen können und welche Gefahren in der zügellosen Kraft des Menschen liegen.

Zur Person
Der gebürtige Thüringer Johannes Krause (geb. 1980) promovierte 2008 im Fach Genetik an der Universität Leipzig. Anschließend arbeitete er am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, bevor er eine Professur für Archäo- und Paläogenetik an der Universität Tübingen am Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie übernahm. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die Analyse von alter bis sehr alter DNA mit Hilfe der DNA-Sequenzierung. Zu seinen Forschungsgebieten zählen neben anderem Krankheitserreger aus historischen Epidemien sowie die menschliche Evolution. Er wirkte an der Entschlüsselung des Erbguts des Neandertalers mit, wobei ihm der Nachweis gelang, dass Neandertaler und der moderne Mensch dasselbe Sprachgen (FOXP2) teilen. 2010 gelang ihm erstmalig der Nachweis einer neuen Menschenform, dem Denisova-Menschen, anhand von genetischen Daten aus einem sibirischen Fossil. In seiner Arbeit zur Evolution historischer Infektionskrankheiten konnte er nachweisen, dass die meisten heutigen Pest-Erreger auf den mittelalterlichen Schwarzen Tod zurückzuführen sind. Von Juni 2014 an war Johannes Krause Direktor am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena, im Juni 2020 wechselte er ans Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Prof. Dr. Thomas Klinger

Prof. Dr. Thomas KlingerMax-Planck-Institut für Plasmaphysik, Greifswald

Energie aus der Fusion von Wasserstoff – ewiger Traum oder reale Perspektive?
Die Fusion von Wasserstoff ist eine fundamentale Primärenergie, die auf der Erde nur indirekt genutzt wird, nämlich über das Licht der Sonne. Es ist eine der größten Herausforderungen der Physik, diesen Fusionsprozess, der im Zentrum eines jeden Sterns kontinuierlich abläuft, auf der Erde und unter kontrollierten Bedingungen zu etablieren. Gerne wird gespottet: „seit 50 Jahren versprechen die Forscher ein Fusionskraftwerk in 50 Jahren“ – und dabei unterstellt, dass dieses Ziel unerreichbar sei. Tatsächlich ist die Aufgabe ausgesprochen schwierig, sowohl in Hinblick auf die Physik als auch technologisch. Der Fusionsprozess an sich ist fundamental und gut verstanden. Notorisch schwierig ist es jedoch, den für Energieüberschuss erforderlichen, extremen Materiezustand „Plasma“ im richtigen Regime und dauerhaft zu erzeugen. Auch die benötigten technischen Lösungen gehen an die Grenzen des Machbaren, müssen aber gleichzeitig ein wirtschaftlich sinnvolles Kraftwerk ermöglichen. Die Zielsetzung ist also alles andere als einfach, aber keinesfalls unmöglich oder gar hoffnungslos.

Dieser Vortrag führt in die Grundprinzipien der Fusion von Wasserstoff ein und erläutert die wichtigsten Konzepte. Der konzeptionelle Schwerpunkt liegt beim Einschluss des Plasmas mittels starker, ringförmiger, verschraubter magnetischer Felder. Die zughörigen Maschinen heißen „Tokamak“ und „Stellarator“ und werden hier im Detail erläutert. Der weltweit größte und modernste Stellarator „Wendelstein 7-X“ wurde über 25 Jahre am Max-Planck-Institut in Greifswald aufgebaut und befindet sich jetzt vor den entscheidenden Forschungskampagnen. Er verwendet 70 tonnenschwere, supraleitende Magnete und hat eine komplett wassergekühlte innere Wand, so dass erstmalig ein Wasserstoffplasma mit den erforderlichen Kenngrößen auf Dauer erzeugt werden kann. Der Vortrag geht auf die wichtigsten aktuellen Forschungsergebnisse ein und zeichnet eine Perspektive für die Fusion in einer künftigen CO₂-freien Versorgung der Welt mit Energie. Ein entscheidender Schritt ist dabei das internationale Tokamak-Experiment ITER, das getragen von der halben Weltbevölkerung jetzt in Südfrankreich aufgebaut wird.

Zur Person
Prof. Dr. Thomas Klinger, geboren 1965 in Eutin, studierte an der Universität Kiel Physik. Nach einem Forschungsaufenthalt in Frankreich promovierte er 1994 mit einer Arbeit zur Gasentladungsphysik. Als Hochschulassistent beschäftigte sich Klinger anschließend in Kiel mit Driftwellenturbulenz und nichtlinearen Plasmastrukturen. Nach Gastaufenthalten im Alfvén-Laboratorium in Stockholm, am Centre de Physique Théorique in Marseille sowie am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching habilitierte er sich 1998 mit einer Arbeit über „Steuerung von Plasmainstabilitäten“.

Kurz darauf wurde er zum Professor für Experimentelle Physik an der Universität Greifswald ernannt, deren Institut für Physik er von 2000 bis 2001 als Geschäftsführender Direktor leitete. Seit April 2001 ist er Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, Teilinstitut Greifswald, und Leiter des Bereichs „Stellarator-Dynamik und -Transport“ (früher „Experimentelle Plasmaphysik 5“). Im April 2002 wurde er er auf einen Lehrstuhl für Experimentelle Plasmaphysik an der Universität Greifswald berufen. Seit 2005 ist er Mitglied des Direktoriums des IPP und Wissenschaftlicher Leiter der Unternehmung „Wendelstein 7-X“.

Prof. Dr.-Ing. Ina Schäfer

Prof. Dr.-Ing. Ina SchäferKarlsruher Institut für Technologie (KIT)

Mein Auto holt mich von der Party ab – Autonomes Fahren und die Herausforderungen für die Softwareentwicklung
Die Automobilbranche befindet sich durch die Megatrends der Digitalisierung und Dekarbonisierung in der Transformation. Die Wertschöpfung verschiebt sich vom hardwarebasierten Produkt hin zu datengetriebenen und digitalen Mobilitätsdienstleistungen. Dabei kommt dem Autonomen Fahren eine besondere Rolle zu, welche jedoch auch besondere Herausforderungen für die Softwareentwicklung im Fahrzeug mit sich bringt. Insbesondere verschiebt sich die Softwarearchitektur in Fahrzeugen weg von zugelieferten Bauteilen zu einem integrierten Softwareökosystem, das Over-the-Air-Updates und Function-on-Demand unterstützen soll.

In meinem Vortrag möchte ich aufzeigen, wie sich die digitale Transformation in der Automobilindustrie auf die Softwareentwicklung auswirkt und welche Bedeutung Software dabei zukommt. Ich möchte am Beispiel Autonomes Fahren erläutern, welche Herausforderungen sich bei der Entwicklung von sicherheitskritischer Software ergeben und wie diese mit Ergebnissen aus der aktuellen Forschung adressiert werden können.

Zur Person
Prof. Dr.-Ing. Ina Schäfer ist promovierte Informatikerin und Professorin für Software Engineering am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Von 2012 bis 2022 war sie Professorin für Softwaretechnik und Fahrzeuginformatik an der TU Braunschweig. Ihre Forschungsinteressen liegen in der Verbindung von Formalen Methoden und modernen Softwareentwicklungsvorgehensweisen, um die Korrektheit und Zuverlässigkeit von Softwaresystemen zu verbessern. Insbesondere arbeitet sie an Correctness-by-Construction Engineering Methoden. Anwendungsgebiete sind Anwendungen im Bereich Automotive und Automation. Seit mehr als 10 Jahren arbeitet sie in Forschungsprojekten mit verschiedenen Unternehmen aus der Automobilbranche zusammen. 2021 war Ina Schäfer Co-Vorsitzende des Expertenausschusses zum Zukunftsfonds Automobilindustrie im Bundeswirtschaftsministerium.

Prof. Dr. Dr. Oliver Ambacher

Prof. Dr. Dr. Oliver AmbacherFraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik (IAF), Freiburg

Quantencomputing
Die Performance von Quantencomputern nähert sich der Leistungsfähigkeit klassischer Hochleistungsrechner, ohne dass eine prinzipielle Limitierung in einer weiteren Steigerung der Anzahl an gekoppelten Quantenbits und damit der maximal erreichbaren Rechenleistung besteht.

Quantenprozessoren arbeiten intrinsisch hochparallel und dies ohne eine Hardware mit mehreren Prozessorkernen zu benötigen. Die Nutzung dieser intrinsischen Parallelität erfordert allerdings einen Umgang mit dem probabilistischen Charakter der Quantenphysik und das Kompilieren von Algorithmen in Quantengattern. Die zunehmende Verfügbarkeit von unterschiedlichen Qubit-Plattformen für die Entwicklung quantenbasierter Rechenstrategien eröffnet seit jüngster Zeit die Evaluation völlig neuartiger Lösungsansätze zur Simulation neuartiger Wirkstoffe und Materialien, zur Berechnung komplexer Optimierungsprobleme und zur Etablierung maschineller Lernverfahren.

Im Rahmen des Beitrags werden die Funktionsweise von Quantenbits und Quantengattern, der Stand der Technik sowie der Weg zu nationalen Quantencomputern vorgestellt und erklärt.

Zur Person
Prof. Dr. habil. Dr. rer. nat. Oliver Ambacher erhielt 1989 sein Diplom und und 1993 seinen Doktor der Naturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians- und der Technischen Universität München mit Auszeichnung. 1993 bekam er eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent am Walter Schottky-Institut der Technischen Universität München. Dort beschäftigte er sich mit dem Wachstum von Galliumnitrid und seinen Legierungen mit Hilfe der Molekularstrahlepitaxie und der chemischen Gasphasenabscheidung. 1995 konzentrierte er die Forschungsarbeit seiner Gruppe auf die Entwicklung von GaN-basierten elektronischen und optischen Komponenten. Er war maßgeblich an der Implementierung der ersten UV-Detektoren, Oberflächenwellenkomponenten, Mikrowellenverstärker und Sensoren sowie an der Erforschung polarisationsinduzierter Effekte in GaN-basierten Hetero- und Quantenstrukturen beteiligt. 1998/99 wurde ihm von der Alexander von Humboldt-Stiftung ein Feodor Lynen-Stipendium gewährt, um seine Arbeit auf dem Gebiet der AlGaN/GaN-Transistoren für Hochfrequenz-Leistungsverstärker an der Cornell University (USA) zu vertiefen. Nach seiner Habilitation in experimenteller Physik im Jahr 2000 wurde er ein Jahr später zum Professor für Nanotechnologie an der Technischen Universität Ilmenau ernannt. 2002 wurde er zum Direktor des Instituts für Festkörperelektronik gewählt und zwei Jahre später zum Direktor des Zentrums für Mikro- und Nanotechnologien ernannt. Oliver Ambacher ist seit Oktober 2007 Professor an der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg, wo er derzeit an der Entwicklung von Quantensensoren und elektronischen Bauteilen für Quantencomputer arbeitet.

Prof. Dr. Peter H. Seeberger

Prof. Dr. Peter H. SeebergerMax-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam

Impfstoffe aus Zucker
Die meisten Krankheitserreger, darunter Bakterien, Pilze, Viren und Parasiten, tragen einzigartige Zucker auf ihrer Oberfläche. Derzeit werden mehrere Glykokonjugat-Impfstoffe gegen Bakterien erfolgreich eingesetzt. Da viele Krankheitserreger nicht kultiviert werden können und die Isolierung reiner Oligosaccharide schwierig ist, sind synthetische Oligosaccharid-Antigene eine attraktive Alternative. In diesem Vortrag beschreibt er einen Ansatz zur Entwicklung halb- und vollsynthetischer Glykokonjugat-Impfstoffe gegen schwere bakterielle Infektionen, einschließlich resistenter Krankenhauskeime. Dieser Ansatz wird durch Oligosaccharide ermöglicht, die durch automatisierte Glycan-Assemblierung (AGA) hergestellt wurden.

Impfstoffkandidaten zum Schutz vor Clostridium difficile und Klebsiella pneumoniae werden derzeit klinisch getestet. Synthetische Oligosaccharide dienen als Basis für Werkzeuge wie Glykan-Mikroarrays und zur Herstellung monoklonaler Antikörper zur Krebsbehandlung.

Zur Person
Peter H. Seeberger (geb. 1966) studierte Chemie an der Universität Erlangen-Nürnberg und promovierte in Biochemie an der University of Colorado. Nach einem Postdocaufenthalt am Sloan-Kettering Institute for Cancer Research in New York City war er von 1998-2002 Assistant Professor und Firmenich Associate Professor (tenured) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA. Von 2003-2009 war er Professor an der ETH Zürich und 2008 Vorsteher des Laboratoriums für organische Chemie. Seit 2009 ist er Direktor des Departments für Biomolekulare Systeme am Max-Planck Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam und Professor an der Freien Universität Berlin. Seit 2011 ist er Honorarprofessor an der Universität Potsdam. Er ist Mitglied des Senats der Max-Planck Gesellschaft und des Stiftungsrates der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Seit 2021 ist er Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Professor Seebergers Forschung wurde in über 620 Artikeln, fünf Büchern, mehr als 50 Patentfamilien publiziert und in über 900 Vorträgen präsentiert. Er ist einer der Editoren des Standardwerks „Essentials in Glycobiology“. Zu den mehr als 40 Preisen zählen der Körber Preis der Europäischen Wissenschaften (2007) und die Wahl zu einem der „100 wichtigsten Schweizer“. Er ist gewähltes Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Bisher wurden 66 seiner ehemaligen MitarbeiterInnen auf Professuren berufen.

Peter H. Seeberger setzt sich als Herausgeber der platinum open access Zeitschrift „Beilstein Journal for Organic Chemistry“ (kostenlos für AutorInnen und LeserInnen) besonders für neue, allgemein zugängliche Modelle des Publizierens ein. Als Mitgründer der Tesfa-Ilg “Hope for Africa” Foundation bemüht er sich um verbesserte Lebensbedingungen in Äthiopien.

Aus den Arbeiten im Seeberger-Labor sind mehrere erfolgreiche Firmen in Deutschland, den USA, der Schweiz und Dänemark hervorgegangen.

Prof. Martin Hrabě de Angelis

Prof. Martin Hrabě de AngelisHelmholtz Zentrum, München

Vererbung erworbener Eigenschaften – was Darwin und Lamarck bereits ahnten
Die Erforschung und Charakterisierung krankheitsrelevanter Genvarianten hat in den letzten beiden Jahrzehnten unglaublich viel an Wissen und Daten generiert. Genetische Elemente können in mutierter Form erblich bedingte Krankheiten hervorrufen. Diese sind im Einzelfall selten, aber in der Summe häufig. Bei komplexen Erkrankungen, wie z.B. kardiometabolischen Erkrankungen, spielen viele Genvarianten gleichzeitig eine Rolle, wobei auch Umweltfaktoren maßgeblich an der Pathogenese beteiligt sein können.

Am Beispiel des Diabetes mellitus werden aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert, die belegen, dass neben der klassischen Vererbung über DNA-Varianten auch die epigenetische Vererbung erworbener Eigenschaften bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle spielt. Dass dies keinen Widerspruch zu Darwins Evolutionstheorie darstellt, mag erstaunen und wird diskutiert.

Zur Person
Prof. Martin Hrabě de Angelis erforscht die Rolle der Genetik in Gesundheit und Krankheit mit dem Schwerpunkt der pathophysiologischen Aufklärung von Diabetes. Dabei nimmt die Entwicklung von Datenbanken und die Anwendung moderner Data Mining Methoden einen hohen Stellenwert ein.

Er studierte Biologie (Lehramt) in Marburg und promovierte 1994 über den Einfluss von Wachstumsfaktoren auf die frühe Embryonalentwicklung. Während seiner Zeit als Postdoc am Jackson Laboratory in Bar Harbor (USA) untersuchte er den Delta/Notch Signalweg und Modelle zur Somitogenese. Seit 2000 ist er Direktor des Instituts für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München. 2003 wurde er auf den Lehrstuhl für Experimentelle Genetik an der TUM berufen. Zugleich ist er Direktor des europäischen Forschungskonsortiums „INFRAFRONTIER“.

2001 gründete er am Helmholtz Zentrum München die German Mouse Clinic (GMC) zur systemischen Analyse von Modellen für menschliche Erkrankungen. Hrabě de Angelis ist Autor von über 600 Forschungsartikeln, die >39.000 mal zitiert wurden. Er leitet Forschungsprojekte auf nationaler sowie internationaler Ebene und ist Gründer und Vorstand des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Am Mausmodell hat Hrabě de Angelis mit seinem Team nachgewiesen, dass durch Ernährung verursachte Fettleibigkeit und Diabetes sowohl über Eizellen als auch über Spermien epigenetisch an die Nachkommen vererbt werden können. Durch großangelegte genetische Untersuchungen gelang es ihm, ein Netzwerk aus Genen zu identifizieren, die eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Diabetes spielen könnten.

2016 erhielt er die Ehrendoktorwürde (Dr. med. h.c.) der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und 2018 die Ehrendoktorwürden (Dr. vet. med. h.c.) der Ludwig-Maximilians-Universität München und (Dr. med. h.c.) der Technischen Universität Dresden. Ebenso ist er seit 2018 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Hrabě de Angelis entwickelte in Gründerteams wissenschaftliche Ideen bis zur Innovation und ist erfolgreicher Mitgründer mehrerer Biotech-Firmen.

Dr. Oliver Krause

Dr. Oliver KrauseMax-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg

Das James-Webb-Weltraumteleskop
Am 25. Dezember 2021 ist nach mehr als 25-jähriger Entwicklungszeit das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) ins All gestartet. Mit einem 6,5 m-Hauptspiegel und leistungsfähigen Beobachtungsinstrumenten ausgestattet ist JWST das größte, leistungsfähigste und komplexeste Weltraumteleskop, das jemals gebaut wurde.
Aufgrund seiner enormen Empfindlichkeit und Winkelauflösung soll JWST bahnbrechende neue Erkenntnisse in vielen Bereichen der Astronomie und Astrophysik liefern. JWST wird deshalb oft als Nachfolger des erfolgreichen Hubble-Weltraumteleskops bezeichnet. Die Inbetriebnahme des JWST und seiner wissenschaftlichen Instrumente ist bisher reibungslos verlaufen, und am 12. Juli 2022 werden der Öffentlichkeit die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen präsentiert werden.
Im Vortrag werden die wissenschaftliche Zielsetzung der Mission und die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse vorgestellt sowie die technologischen Herausforderungen beim Bau des Satelliten diskutiert.

Zur Person
Dr. Oliver Krause leitet am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg die Forschungsgruppe „Infrarot-Weltraumastronomie“ und war an der Entwicklung und dem Bau zweier JWST-Instrumente beteiligt.