Schlagwort-Archive: Vortrag

Prof. Dr. Reinhard Genzel

Prof. Dr. Reinhard GenzelNobelpreisträger für Physik 2020
Max-Planck-Institut für extraterrestische Physik, Garching

Eine 40-jährige Reise
Vor etwas mehr als 100 Jahren veröffentlichte Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie. Ein Jahr später löste Karl Schwarzschild die entsprechenden Gleichungen für eine nicht rotierende kompakte Masse. Ist diese Masse hinreichend groß und kompakt, kann sogar Licht nicht mehr entkommen, wenn es einen bestimmten Abstand zur Gravitationssingularität im Zentrum überschritten hat – den so genannten Ereignishorizont. Das theoretische Konzept eines ‚Schwarzen Lochs’ war geboren und wurde in späteren Dekaden von Penrose, Wheeler, Kerr, Hawking und anderen weiterentwickelt. Der erste Hinweis auf die Existenz solcher Schwarzen Löcher in unserem Universum wurde durch die Beobachtungen von Röntgen-Doppelsternen und leuchtenden Quasaren geliefert. Ich werde die 40-jährige Reise beschreiben, die meine Kollegen und ich unternommen haben, um mit lang andauernden und immer präziser werdenden Beobachtungen der Bewegungen von Gas und Sternen als Testobjekte für Raum und Zeit die Masse im Zentrum unserer Milchstraße nachzuweisen und ihre Kompaktheit zu bestimmen. Diese Studien belegen die Existenz eines kompakten Objektes mit einer Masse von 4 Millionen Sonnenmassen, die ohne Zweifel einem einzigen massereichen Schwarzen Loch zugeordnet werden kann.

Zur Person
Prof. Dr. Reinhard Genzel (geb. am 24.3.1952 in Bad Homburg) ist Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching, Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Professor an der Graduate School for Physics and Astronomy der University of California in Berkeley. Er ist einer der weltweit führenden Forscher auf dem Gebiet der Infrarot- und Submillimeter-Astronomie. Seine Forschungsschwerpunkte sind Experimentelle Astrophysik, Schwarze Löcher, Galaxienkerne, Galaxienentwicklung, Sternenentstehung und extragalaktische Astrophysik. 2020 erhielt er den Nobelpreis für Physik, gemeinsam mit der US-amerikanischen Astronomin Andrea Ghez, für die Entdeckung eines supermassereichen kompakten Objekts im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße.

Prof. Dr. Wolfgang Ketterle

Prof. Dr. Wolfgang KetterleNobelpreisträger für Physik 2001
Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

Experimente am absoluten Temperatur-Nullpunkt
Warum kühlen Physiker Materie zu extrem niedrigen Temperaturen? Warum ist es wichtig, Temperaturen zu erreichen, die mehr als eine Milliarde mal kälter sind als der interstellare Raum? In diesem Vortrag werde ich beschreiben, mit welchen Methoden man Atome auf Nanokelvin-Temperaturen abkühlt, wie man solche Temperaturen misst, und wie man neue Formen der Materie realisiert und beobachtet.

Zur Person
Wolfgang Ketterle wurde am 21. Oktober 1957 in Heidelberg geboren. Nach dem Abitur absolvierte er ein Physikstudium zunächst an der Universität Heidelberg und später an der Technischen Universität München, das er 1982 als Diplomphysiker abschloss. Von 1982 bis 1986 hat er anschließend an der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik promoviert. Nach seiner Promotion beschäftigte er sich am Max-Planck-Institut für Quantenoptik vor allem mit der Laserspektroskopie. 1990 ging er – zunächst als Gastforscher – an das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, wo er sich einem neuen Forschungsfeld, der Grundlagenforschung im Bereich der Tieftemperaturphysik, zuwandte. Seit 1998 hat er dort die John D. MacArthur Professur für Physik inne und ist seit 2006 stellvertretender Direktor des Research Laboratory of Electronics sowie Direktor des Center of Ultracold Atoms.

2001 erhielt Wolfgang Ketterle zusammen mit Eric A. Cornell und Carl E. Wieman den Nobelpreis für Physik für die Erzeugung der Bose‐Einstein‐Kondensation und für grundsätzliche Studien über die Eigenschaften der Kondensate. Wolfgang Ketterle war einer der ersten Forscher, denen ein Bose‐Einstein‐Kondensat gelang. Er entwickelte zudem die Grundlagen für den Atomlaser, der von ihm erstmals 1997 realisiert wurde. Er erhielt neben dem Nobelpreis für Physik viele weitere Auszeichnungen.

Prof. Jürgen Richter-Gebert

Prof. Jürgen Richter-GebertTechnische Universität München

Töne sehen, Muster hören, … Mathe macht’s möglich
Was haben Badezimmerkacheln, Kochsalz und ein Kanon gemeinsam?
Wie verschachtelt man viele Figuren zu einem Bild?
Wie baut man daraus ein 3D-Modell? Kann man das hören?

Diesen und vielen weiteren Fragen werden wir uns im Plenumsvortrag widmen.
Der Vortrag gibt einen Streifzug durch Themen, bei denen Mathematik in Musik und Kunst von Bedeutung ist. Symmetrie, Proportion und Rhythmus sind dabei nur einige Bereiche, denen wir im Vortrag begegnen.

Unterstützt wird das Ganze von zahlreichen interaktiven Software-Demonstrationen, bei denen
man sehen kann, wie aus ein paar einfachen Regeln interessante Strukturen entstehen. Diese
können sowohl zu ornamentalen Bildern wie auch zu klangvoller Trommelmusik führen.

Zur Person
Prof. Jürgen Richter-Gebert …

Prof. Burkhard König

Prof. Burkhard KönigUniversität Regensburg

Chemische Synthese mit sichtbarem Licht
Licht ist ein ideales Reagenz für chemische Reaktionen: Es liefert Energie, kann sehr selektiv in Moleküle eingebracht werden und ist leicht zu erzeugen oder als Tageslicht verfügbar. Obwohl die Photochemie eine lang etablierte Teildisziplin der Chemie ist, hat die Synthesechemie mit Licht erst im letzten Jahrzehnt einen enormen Aufschwung erfahren. Technische Entwicklungen in der Beleuchtungs- und Reaktionstechnik sowie die Kombination mit Metall- oder Organokatalyse haben dies ermöglicht.
Der Vortrag stellt die Grundlagen der modernen Photokatalyse vor und wir diskutieren an Beispielen die schon jetzt möglichen Reaktionen, sowie Perspektiven für eine energie- und atomeffiziente organische Synthesechemie.

Zur Person
Prof. Burkhard König …

Prof. Ferenc Krausz

Prof. Ferenc KrauszMax-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching, Deutschland
Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschland

Schnellste Vorgänge im Mikrokosmos: Von der Grundlagenforschung bis hin zur Krebsbekämpfung
In unserem Leben spielen Elektronen eine elementare Rolle. Ihre Bewegungen steuern alle chemischen Prozesse in der Natur. Ebenso bestimmen Elektronen die Geschwindigkeit unserer Computer- und Informationstechnologien. Bewegungen der Elementarteilchen und Lichtwellen bedingen sich gegenseitig auf der Zeitskala von Attosekunden, also Milliardstel von milliardstel Sekunden.

Um zu erkunden, was in so kurzen Zeiträumen im Mikrokosmos passiert, benötigt man Lichtblitze, die ebenfalls nur Attosekunden lang dauern. Solche Blitze wurden in der Arbeitsgruppe von Professor Ferenc Krausz in Wien im Jahr 2001 erstmals produziert. Diese Technologie ermöglicht es nun, in Echtzeit zu verfolgen, wie sich ultraschnelle Phänomene um die Kerne von Atomen herum abspielen.

In den letzten Jahren sind die Attosekunden-Technologien den Kinderschuhen entwachsen und zu verlässlichen Messtechniken gereift. Jetzt eröffnen sie neue Wege um etwa Krankheiten, wie Krebs, frühzeitig zu detektieren. Die Grundlage dafür bieten Messungen kleinster Veränderungen in der molekularen Zusammensetzung von Blut mittels direkten Abtastens ultraschnell schwingender elektrischer Felder, die durch angeregte Moleküle ausgesendet werden. In seinem Vortrag erklärt Ferenc Krausz, wie man mit Lasertechnologie Attosekunden-schnelle Vorgänge beobachtet und wie die Technologie innovative Wege in der Medizin eröffnet.

Zur Person
Prof. Ferenc Krausz …

Prof. Dr. Antje Boetius

Prof. Dr. Antje BoetiusDirektorin des Alfred-Wegener-Instituts, Leiterin der Brückengruppe für Tiefseeökologie und -Technologie (AWI, Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Bremen und MARUM Bremen) und Professorin an der Universität Bremen

Von Meer, Mikroben und Mensch – Rolle des Ozeans und seiner Bewohner in Klima- und Kohlenstoffkreislauf der Erde
Die Ozeane bedecken nicht nur 70% der Erdoberfläche, sie nehmen auch 30% der CO2-Emissionen auf und über 90% der Erderwärmung. Die meisten unbekannten Arten dieser Erde leben im Meer – es sind Millionen, samt all ihrer genetischen Vielfalt, die noch zu entdecken sind. Vor allem die Einzeller, die schon seit über 3,5 Milliarden Jahren in den Meeren leben und auch heute wesentlich die Stoffkreisläufe der Erde beeinflussen, geben uns noch viele Rätsel auf. Der tiefe Ozean beherbergt eine bisher unbekannte Vielfalt von Ökosystemen, deren Energiequellen, Lebenszyklen und Funktionen sich erheblich von unserer eigenen Umwelt unterscheiden und uns immer wieder staunen lassen. Beim Erforschen des Unbekannten ist aber Eile geboten, denn die Veränderung der Meeresumwelt durch den globalen Wandel geht mit erstaunlicher Geschwindigkeit voran. In Zeiten sich verknappender Meeresressourcen – etwa von Öl, Gas oder Fisch – und eines Überschusses von Abfallprodukten an Land und in der Atmosphäre gibt es dabei viele Ideen, wie wir uns die Weiten des Ozeans und die Vielfalt seiner Bewohner zunutze machen können. Doch hat die Tiefsee als vom Menschen noch weitgehend unberührter, unbegehbarer Raum neben praktischen Aspekten auch einen hohen kulturellen Wert. Der Vortrag verknüpft die Faszination am Forschen und Entdecken dieses unbekannten Lebensraums mit drängenden Fragen zu Schutz und Nutzungskonzepten.

Zur Person
Antje Boetius ist Polar- und Tiefseeforscherin, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung und Professorin für Geomikrobiologie an der Universität Bremen. Geboren 1967, studierte Antje Boetius in Hamburg und San Diego Biologische Ozeanographie. Ihre Forschung dreht sich vor allem um die Rolle von marinen Mikroorganismen im Meeresboden für den globalen Kohlenstoffkreislauf und die Methanflüsse. Seit Ende 2008 leitet sie die Helmholtz-Max Planck Brückengruppe für Tiefseeökologie und -Technologie. Antje Boetius hat an fast 50 Expeditionen auf internationalen Forschungsschiffen teilgenommen und beschäftigt sich derzeit in ihrer Forschung vor allem mit Fragen der Auswirkungen des Klimawandels auf die Biogeochemie und Biodiversität des Arktischen Ozeans sowie mit der Entdeckung unbekannter Ökosysteme in der Tiefsee. Sie hat dafür den ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates erhalten. Für ihre Arbeit wurde sie unter anderem mit dem Deutschen Umweltpreis 2018 und dem Bundesverdienstkreuz im Jahr 2019 ausgezeichnet, für die Wissenschaftskommunikation z.B. mit dem Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie der Urania Medaille 2020.

Timo Rühl

Timo RühlOHB System AG, Bremen

Auf ins Unbekannte: Wie Comet Interceptor einen noch unentdeckten Kometen untersuchen wird
Asteroiden, Kometen und Meteoriten sind Kleinkörper unseres Sonnensystems. Ihr Vorkommen ist reichlich und spannt vom erdnahen Asteroidengürtel bis in die Tiefen unseres Sonnensystems zur Oortschen Wolke. Einige dieser Körper sind seit Anbeginn unseres Sonnensystems geologisch unverändert geblieben. Sie bilden somit ein archäologisches Fossil der Materialien, die einst unser Sonnensystem ausmachten. Bisherige Raumfahrtmissionen zu Kometen, wie 67P/Churyumov–Gerasimenko, hinterließen nicht nur beeindruckende Bilder mit weitreichender medialer Wirksamkeit, sondern auch eine Vielzahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
Die Comet-Interceptor-Mission zielt darauf, einen Kometen zu besuchen, der sich das erste Mal dem inneren Sonnensystem nähert. Auf dem Weg in das innere Sonnensystem erhitzen sich Kometen typischerweise, und die ausgasenden Materialien formen den charakteristischen Schweif. Proben innerhalb dieses Schweifs zu nehmen ist wie eine archäologische Zeitreise zurück zu unserem Ursprung.
Kometen, die das erste Mal in unser inneres Sonnensystem vordringen, entstammen meist den Tiefen der Oortschen Wolke. Selbst mit modernen Teleskopen kann ihre Ankunft nur kurze Zeit vor dem Eintreffen bestimmt werden. Die typische Entwicklung von Satelliten dauert sehr viel länger, als Zeit zwischen Entdeckung und Eintreffen bleibt. Die Comet-Interceptor-Mission geht daher einen anderen Weg. Der Satellit wird gebaut, bevor das eigentliche Ziel bekannt ist. Dieser Ansatz ist sehr anspruchsvoll. Der Vortrag beleuchtet, welche Herausforderungen bei einem generischen Missionsprofil auftreten, wie Systemingenieure den Satelliten als Ganzes auslegen und wie simple Mathematik und Physik dabei helfen einen ersten Konzeptentwurf zu entwickeln.

Zur Person
Studium Maschinenbau (RWTH Aachen University): 2011 – 2016
Studienaustausch Luft-und Raumfahrtechnik (Politecnico di Torino): 2013 – 2014
Studium Space Systems Engineering (Delft University of Technology): 2016 – 2019
Systemingenieur für Wissenschaftliche Missionen (Vorentwicklung OHB System): seit 2019

Prof. Dr. Daniela Domeisen

Prof. Dr. Daniela Domeisen
Bildquelle: ETH Zürich / Giulia Marthaler

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich / Universität Lausanne
Alumna des Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

Extremwetter: Wettervorhersage in Zeiten des Klimawandels
Wetterextreme wie Hitzewellen und Starkregen kommen immer häufiger vor und haben oft schwerwiegende Konsequenzen für Menschen, Infrastruktur und Ökosysteme. Die Forschung zeigt, dass der Klimawandel solche Extremereignisse noch häufiger und extremer macht. Daher ist es wichtig zu verstehen, wann Extreme vorhergesagt werden können und wann entsprechende Warnungen ausgesprochen werden sollten. Bei langfristigen Vorhersagen von Wochen bis Monaten sowie bei Warnsystemen für Extremereignisse ist noch viel Luft nach oben, doch die Wetter- und Klimaforschung macht schnelle Fortschritte. Doch sind die Fortschritte schnell genug, um mit dem Klimawandel mitzuhalten? Dieser Vortrag gibt einen Einblick in den aktuellen Stand der Wissenschaft der Wetter- und Klimavorhersage, zeigt die Herausforderungen und Möglichkeiten auf und stellt diese in den Zusammenhang unserer eigenen Wahrnehmung von Wetter und Klima.

Zur Person
Daniela Domeisen studierte Physik an der ETH Zürich und die Auswirkungen des Klimas auf die Gesellschaft an der Columbia University in New York. Sie promovierte am MIT zur Fluiddynamik der Atmosphäre, gefolgt von Forschungsaufenthalten in den USA und in Deutschland. In London arbeitete sie für ein Finanzunternehmen zur Vorhersage von Rohstoffpreisen im Zusammenhang mit Wetter- und Klimaphänomenen, gefolgt von einer Juniorprofessur am GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Sie ist Professorin an der ETH Zürich und der Universität Lausanne als Expertin für langfristige Vorhersage am Übergang vom Wetter zum Klima, Extremereignisse sowie globale Zusammenhänge im Klimasystem.

Prof. Dr. Markus Rex

Prof. Dr. Markus RexAlfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremen

Eingefroren am Nordpol – Expedition zum Epizentrum des Klimawandels
Es war die größte Arktisexpedition jemals. Im Oktober 2019 ließ sich der Forschungs-eisbrecher Polarstern fest in das arktische Meereis einfrieren, um nur mit der Kraft der natürlichen Eisdrift ein ganzes Jahr durch die zentrale Arktis zu driften. Unterstützt von sechs weiteren Schiffen sowie Flugzeugen und Hubschraubern ist dabei erstmals die direkte Umgebung des Nordpols im Winter mit einem modernen Forschungseisbrecher erreicht worden.
Die Wissenschaftler folgten den Spuren Fridtjof Nansens historischer Expedition von 1893–1896. Trotz extremer Kälte, arktischen Stürmen, einer sich ständig verändernden Eislandschaft und den ungeahnten Herausforderungen durch die Corona-Pandemie erforschten sie den Nordpol genauer als je zuvor und erreichten bahnbrechende Beobachtungen der Klimaprozesse in der zentralen Arktis. Sie werden damit das Klimasystem besser verstehen und vorhersagen können. Projekt- und Expeditionsleiter Markus Rex berichtet vom dramatischen Klimawandel in der Arktis und gibt einen Einblick in den Ablauf dieser einzigartigen Expedition.

Zur Person
Prof. Dr. Markus Rex, Jahrgang 1966, ist ordentlicher Professor an der Universität Potsdam und leitet die Atmosphärenforschung am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Der gebürtige Braunschweiger studierte in an der Carolo-Wilhelmina-Universität Braunschweig und an der Georg-August-Universität Göttingen Physik, Geophysik und Meteorologie und legte 1993 sein Diplom in Physik ab. Nach der Promotion 1997 an der Freien Universität Berlin führten ihn berufliche Stationen an das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der National Aeronautics and Space Administration (NASA) und des California Institute of Technology, an die University of Canterbury in Christchurch, Neuseeland, und an das Alfred-Wegener-Institut in Potsdam. Er habilitierte sich 2013 an der Universität Bremen und wurde für seine Arbeiten im Bereich der polaren Klimaforschung mehrfach ausgezeichnet. Derzeit leitet er das MOSAiC-Vorhaben, welches die größte jemals unternommene Arktisexpedition zum Mittelpunkt hat. Rex engagiert sich stark in der Kommunikation wissenschaftlicher Zusammenhänge im Klimasystem und ist Verfasser des Spiegel-Bestsellers „Eingefroren am Nordpol“. Sein Radioblog beim SWR1 wurde 2020 für den deutschen Radiopreis nominiert.

Prof. Dr. Nicole Dubilier

Prof. Dr. Nicole DubilierMax-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen

Essen ohne Mund: Symbiosen zwischen darmlosen Meerestieren und Bakterien
Ende der 1970er Jahre gelang Forschern eine der größten biologischen Sensationen des 20. Jahrhunderts. Sie entdeckten blühende Lebensgemeinschaften mit einer vollkommen fremden Tierwelt an heißen Quellen in der Tiefsee in 3000 Meter Wassertiefe. Vor dieser Entdeckung dachte man, dass solch reichhaltige Ökosysteme fernab vom Sonnenlicht nicht existieren könnten. Heute wissen wir: Symbiosen bilden die Grundlage dieser Lebensgemeinschaften zwischen Bakterien und Tieren. Die symbiontischen Bakterien nutzen energiereiche Verbindungen aus den heißen Quellen, wie Schwefelwasserstoff und Methan, um ihre Wirte, die Tiere, zu ernähren. Manche Tiere haben sich so gut an die Ernährung durch ihre Symbionten angepasst, dass sie ihren Mund und Darm komplett zurückgebildet haben. Diese Symbiosen sind enorm vielfältig und kommen nicht nur in der Tiefsee, sondern auch in vielen Flachwasserlebensräumen vor wie Korallenriffen oder Seegraswiesen. Das zeigt, dass nicht nur Wettkampf und die Selektion des Stärkeren zur Artenvielfalt führen, sondern auch Symbiosen und Kooperation treibende Kräfte der Evolution sind.

Zur Person
Nicole Dubilier (* 16. Januar 1957 in New York City) ist eine US-amerikanisch-deutsche mikrobiologisch arbeitende Meeresbiologin, Direktorin am Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie und seit 2012 Biologie-Professorin an der Universität Bremen. Die Tochter eines US-amerikanischen Geschäftsmanns und einer deutschen Mutter wuchs zunächst auf im New Yorker Stadtteil Manhattan. Als 13-Jährige zog sie mit der Mutter und den Geschwistern nach Deutschland. Sie konnte kaum Deutsch, aber lernte es schnell. Aufgrund ihrer seit der Kindheit ungebrochenen Begeisterung für das Meer arbeitete sie parallel zum Biologie-Studium an der Universität Hamburg von 1977 bis 1981 als studentische Forschungsassistentin in der Biologischen Anstalt Helgoland mit. Das war ausschlaggebend für ihre Spezialisierung auf Meeresbiologie. Sie machte 1981 ihr Vordiplom in Biologie, 1985 ihr Diplom in Zoologie, Biochemie und Mikrobiologie an der Universität Hamburg. Für ihre Doktorarbeit sammelte und analysierte sie Wattwürmer.
Als Post-Doc erhielt sie eine Einladung der Mikrobiologin Colleen Cavanaugh, in ihrem Labor an der Harvard University am NSF-Projekt „Biogeography of Chemoautotrophic Symbioses in Marine Oligochaetes“ zu arbeiten. Sie sequenzierte die 16S RNA Gene, die als phylogenetische Marker dienen, bei Bakterien auf darmlosen Meereswürmern, und konnte nachweisen, dass diese zwei Symbionten beherbergen. Nach Veröffentlichung ihrer Post-Doc-Forschung 1995 kehrte Dubilier gemeinsam mit ihrem deutschen Ehemann, einem orthopädischen Chirurgen, nach Deutschland zurück. 1996 wurde ihre Bewerbung beim Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie als Wissenschaftlerin der Molecular Ecology Group angenommen.
Ab 2001 wurde Dubilier zur Gruppenleiterin befördert und führte seitdem die Forschungsgruppe Symbiosis am MPI. 2002 bis 2006 war sie zudem Koordinatorin der „International Max Planck School of Marine Microbiology“. Im Jahre 2007 wurde sie auf eine W2-Stelle befördert und fortan Leiterin der gesamten Symbiose-Gruppe am MPI bis 2013. Im Wintersemester 2004/2005 übernahm sie eine zweimonatige Gastprofessur an der Universität Pierre und Marie Curie in Paris. Seit 2012 ist sie Biologie-Professorin für mikrobielle Symbiosen an der Universität Bremen. Seit 2013 ist sie Direktorin des MPI-MM. Sie organisierte die im Juni 2015 stattfindende Gordon Research Conference: Identifying the Common Language of Host-Microbe Associations in Waterville Valley, New Hampshire. Die Forscherin ist Teil des Exzellenzclusters der DFG an der Universität Bremen namens MARUM – The Ocean in the Earth System.