Archiv der Kategorie: Referentenseite – BK

Dr. Margherita Kemper

Dr. Margherita KemperKuratorin Life Sciences, Deutsches Museum, München

Workshop im DNA-Labor: DNA isolieren und untersuchen
DNA isolieren und untersuchen – ein Thema, das die Menschen heute mehr interessiert denn je! Bei uns im Labor können einzelne Forschungsarbeiten Schritt für Schritt nachvollzogen werden. Dabei nutzen wir „echte“ Laborgeräte, wie sie in jedem molekularbiologischen Labor zum Einsatz kommen. Gemeinsam isolieren wir Erbgut aus Mundschleimhautzellen und Gemüse, ein Experiment, das ebenso einfach wie faszinierend ist und auch im Klassenzimmer umgesetzt werden kann!

Doch wie kann man DNA-Proben dann weiter analysieren? Dafür stehen bei uns verschiedene Gerätschaften zur Verfügung, für die an Schulen zumeist der Platz fehlt. DNA vervielfältigen in einer PCR-Maschine ist bei uns ebenso möglich wie das Auftrennen der DNA-Fragmente über ein nach Größen sortierendes Gel. Um die Proben hierauf aufzutragen ist jedoch eine ruhige Hand nötig! Abschließend ist ein scharfes Auge gefragt, wenn es um die Auswertung der größensortierten Fragmente geht. Diese sind, dank unseres besonderen Farbstoffes, auf einem einfachen Leuchttisch sichtbar.

Zur Person
Dr. Margherita Kemper studierte in München Biologie mit Schwerpunkt Zell- und Molekularbiologie. Im Rahmen ihrer Promotion untersuchte sie evolutionsbiologische Grundlagen zum programmierten Zelltod im Süßwasserpolypen Hydra. Seit 2009 arbeitet sie am Deutschen Museum, zunächst als Volontärin, seit 2011 als Kuratorin für Life Sciences. Hauptsächliche Aufgabe ist die Leitung des molekularbiologischen Schülerlabors, des DNA-Besucherlabors. Daneben ist sie zuständig für die Sammlung an Exponaten im Fachgebiet Biologie. Sie konzipiert und kuratiert Ausstellungsprojekte mit Themenbezug wie zuletzt eine Highlight-Ausstellung zu Nano- und Biotechnologie.

Prof. Dr. Johannes Krause

Prof. Dr. Johannes KrauseMax-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig

Hybris – Die Reise der Menschheit: Zwischen Aufbruch und Scheitern
Die Menschheit steht am Scheideweg: Hat unsere Spezies eine Zukunft? In atemberaubendem Tempo haben die Menschen den Planeten ihren Bedürfnissen unterworfen. Im 21. Jahrhundert stehen sie vor den Scherben ihres Tuns: Die natürlichen Ressourcen sind erschöpft, die Klimaerwärmung stellt eine tödliche Bedrohung dar und globale Pandemien bedeuten akute Gefahr. Werden wir auch diese Krise meistern? Prof. Johannes Krause spricht in seinem Vortrag darüber, was wir aus der Vergangenheit zur Bewältigung dieser Herausforderungen lernen können und welche Gefahren in der zügellosen Kraft des Menschen liegen.

Zur Person
Der gebürtige Thüringer Johannes Krause (geb. 1980) promovierte 2008 im Fach Genetik an der Universität Leipzig. Anschließend arbeitete er am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, bevor er eine Professur für Archäo- und Paläogenetik an der Universität Tübingen am Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie übernahm. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die Analyse von alter bis sehr alter DNA mit Hilfe der DNA-Sequenzierung. Zu seinen Forschungsgebieten zählen neben anderem Krankheitserreger aus historischen Epidemien sowie die menschliche Evolution. Er wirkte an der Entschlüsselung des Erbguts des Neandertalers mit, wobei ihm der Nachweis gelang, dass Neandertaler und der moderne Mensch dasselbe Sprachgen (FOXP2) teilen. 2010 gelang ihm erstmalig der Nachweis einer neuen Menschenform, dem Denisova-Menschen, anhand von genetischen Daten aus einem sibirischen Fossil. In seiner Arbeit zur Evolution historischer Infektionskrankheiten konnte er nachweisen, dass die meisten heutigen Pest-Erreger auf den mittelalterlichen Schwarzen Tod zurückzuführen sind. Von Juni 2014 an war Johannes Krause Direktor am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena, im Juni 2020 wechselte er ans Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Prof. Dr. Thomas Klinger

Prof. Dr. Thomas KlingerMax-Planck-Institut für Plasmaphysik, Greifswald

Energie aus der Fusion von Wasserstoff – ewiger Traum oder reale Perspektive?
Die Fusion von Wasserstoff ist eine fundamentale Primärenergie, die auf der Erde nur indirekt genutzt wird, nämlich über das Licht der Sonne. Es ist eine der größten Herausforderungen der Physik, diesen Fusionsprozess, der im Zentrum eines jeden Sterns kontinuierlich abläuft, auf der Erde und unter kontrollierten Bedingungen zu etablieren. Gerne wird gespottet: „seit 50 Jahren versprechen die Forscher ein Fusionskraftwerk in 50 Jahren“ – und dabei unterstellt, dass dieses Ziel unerreichbar sei. Tatsächlich ist die Aufgabe ausgesprochen schwierig, sowohl in Hinblick auf die Physik als auch technologisch. Der Fusionsprozess an sich ist fundamental und gut verstanden. Notorisch schwierig ist es jedoch, den für Energieüberschuss erforderlichen, extremen Materiezustand „Plasma“ im richtigen Regime und dauerhaft zu erzeugen. Auch die benötigten technischen Lösungen gehen an die Grenzen des Machbaren, müssen aber gleichzeitig ein wirtschaftlich sinnvolles Kraftwerk ermöglichen. Die Zielsetzung ist also alles andere als einfach, aber keinesfalls unmöglich oder gar hoffnungslos.

Dieser Vortrag führt in die Grundprinzipien der Fusion von Wasserstoff ein und erläutert die wichtigsten Konzepte. Der konzeptionelle Schwerpunkt liegt beim Einschluss des Plasmas mittels starker, ringförmiger, verschraubter magnetischer Felder. Die zughörigen Maschinen heißen „Tokamak“ und „Stellarator“ und werden hier im Detail erläutert. Der weltweit größte und modernste Stellarator „Wendelstein 7-X“ wurde über 25 Jahre am Max-Planck-Institut in Greifswald aufgebaut und befindet sich jetzt vor den entscheidenden Forschungskampagnen. Er verwendet 70 tonnenschwere, supraleitende Magnete und hat eine komplett wassergekühlte innere Wand, so dass erstmalig ein Wasserstoffplasma mit den erforderlichen Kenngrößen auf Dauer erzeugt werden kann. Der Vortrag geht auf die wichtigsten aktuellen Forschungsergebnisse ein und zeichnet eine Perspektive für die Fusion in einer künftigen CO₂-freien Versorgung der Welt mit Energie. Ein entscheidender Schritt ist dabei das internationale Tokamak-Experiment ITER, das getragen von der halben Weltbevölkerung jetzt in Südfrankreich aufgebaut wird.

Zur Person
Prof. Dr. Thomas Klinger, geboren 1965 in Eutin, studierte an der Universität Kiel Physik. Nach einem Forschungsaufenthalt in Frankreich promovierte er 1994 mit einer Arbeit zur Gasentladungsphysik. Als Hochschulassistent beschäftigte sich Klinger anschließend in Kiel mit Driftwellenturbulenz und nichtlinearen Plasmastrukturen. Nach Gastaufenthalten im Alfvén-Laboratorium in Stockholm, am Centre de Physique Théorique in Marseille sowie am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching habilitierte er sich 1998 mit einer Arbeit über „Steuerung von Plasmainstabilitäten“.

Kurz darauf wurde er zum Professor für Experimentelle Physik an der Universität Greifswald ernannt, deren Institut für Physik er von 2000 bis 2001 als Geschäftsführender Direktor leitete. Seit April 2001 ist er Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, Teilinstitut Greifswald, und Leiter des Bereichs „Stellarator-Dynamik und -Transport“ (früher „Experimentelle Plasmaphysik 5“). Im April 2002 wurde er er auf einen Lehrstuhl für Experimentelle Plasmaphysik an der Universität Greifswald berufen. Seit 2005 ist er Mitglied des Direktoriums des IPP und Wissenschaftlicher Leiter der Unternehmung „Wendelstein 7-X“.

Prof. Dr.-Ing. Ina Schäfer

Prof. Dr.-Ing. Ina SchäferKarlsruher Institut für Technologie (KIT)

Mein Auto holt mich von der Party ab – Autonomes Fahren und die Herausforderungen für die Softwareentwicklung
Die Automobilbranche befindet sich durch die Megatrends der Digitalisierung und Dekarbonisierung in der Transformation. Die Wertschöpfung verschiebt sich vom hardwarebasierten Produkt hin zu datengetriebenen und digitalen Mobilitätsdienstleistungen. Dabei kommt dem Autonomen Fahren eine besondere Rolle zu, welche jedoch auch besondere Herausforderungen für die Softwareentwicklung im Fahrzeug mit sich bringt. Insbesondere verschiebt sich die Softwarearchitektur in Fahrzeugen weg von zugelieferten Bauteilen zu einem integrierten Softwareökosystem, das Over-the-Air-Updates und Function-on-Demand unterstützen soll.

In meinem Vortrag möchte ich aufzeigen, wie sich die digitale Transformation in der Automobilindustrie auf die Softwareentwicklung auswirkt und welche Bedeutung Software dabei zukommt. Ich möchte am Beispiel Autonomes Fahren erläutern, welche Herausforderungen sich bei der Entwicklung von sicherheitskritischer Software ergeben und wie diese mit Ergebnissen aus der aktuellen Forschung adressiert werden können.

Zur Person
Prof. Dr.-Ing. Ina Schäfer ist promovierte Informatikerin und Professorin für Software Engineering am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Von 2012 bis 2022 war sie Professorin für Softwaretechnik und Fahrzeuginformatik an der TU Braunschweig. Ihre Forschungsinteressen liegen in der Verbindung von Formalen Methoden und modernen Softwareentwicklungsvorgehensweisen, um die Korrektheit und Zuverlässigkeit von Softwaresystemen zu verbessern. Insbesondere arbeitet sie an Correctness-by-Construction Engineering Methoden. Anwendungsgebiete sind Anwendungen im Bereich Automotive und Automation. Seit mehr als 10 Jahren arbeitet sie in Forschungsprojekten mit verschiedenen Unternehmen aus der Automobilbranche zusammen. 2021 war Ina Schäfer Co-Vorsitzende des Expertenausschusses zum Zukunftsfonds Automobilindustrie im Bundeswirtschaftsministerium.

Prof. Dr. Dr. Oliver Ambacher

Prof. Dr. Dr. Oliver AmbacherFraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik (IAF), Freiburg

Quantencomputing
Die Performance von Quantencomputern nähert sich der Leistungsfähigkeit klassischer Hochleistungsrechner, ohne dass eine prinzipielle Limitierung in einer weiteren Steigerung der Anzahl an gekoppelten Quantenbits und damit der maximal erreichbaren Rechenleistung besteht.

Quantenprozessoren arbeiten intrinsisch hochparallel und dies ohne eine Hardware mit mehreren Prozessorkernen zu benötigen. Die Nutzung dieser intrinsischen Parallelität erfordert allerdings einen Umgang mit dem probabilistischen Charakter der Quantenphysik und das Kompilieren von Algorithmen in Quantengattern. Die zunehmende Verfügbarkeit von unterschiedlichen Qubit-Plattformen für die Entwicklung quantenbasierter Rechenstrategien eröffnet seit jüngster Zeit die Evaluation völlig neuartiger Lösungsansätze zur Simulation neuartiger Wirkstoffe und Materialien, zur Berechnung komplexer Optimierungsprobleme und zur Etablierung maschineller Lernverfahren.

Im Rahmen des Beitrags werden die Funktionsweise von Quantenbits und Quantengattern, der Stand der Technik sowie der Weg zu nationalen Quantencomputern vorgestellt und erklärt.

Zur Person
Prof. Dr. habil. Dr. rer. nat. Oliver Ambacher erhielt 1989 sein Diplom und und 1993 seinen Doktor der Naturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians- und der Technischen Universität München mit Auszeichnung. 1993 bekam er eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent am Walter Schottky-Institut der Technischen Universität München. Dort beschäftigte er sich mit dem Wachstum von Galliumnitrid und seinen Legierungen mit Hilfe der Molekularstrahlepitaxie und der chemischen Gasphasenabscheidung. 1995 konzentrierte er die Forschungsarbeit seiner Gruppe auf die Entwicklung von GaN-basierten elektronischen und optischen Komponenten. Er war maßgeblich an der Implementierung der ersten UV-Detektoren, Oberflächenwellenkomponenten, Mikrowellenverstärker und Sensoren sowie an der Erforschung polarisationsinduzierter Effekte in GaN-basierten Hetero- und Quantenstrukturen beteiligt. 1998/99 wurde ihm von der Alexander von Humboldt-Stiftung ein Feodor Lynen-Stipendium gewährt, um seine Arbeit auf dem Gebiet der AlGaN/GaN-Transistoren für Hochfrequenz-Leistungsverstärker an der Cornell University (USA) zu vertiefen. Nach seiner Habilitation in experimenteller Physik im Jahr 2000 wurde er ein Jahr später zum Professor für Nanotechnologie an der Technischen Universität Ilmenau ernannt. 2002 wurde er zum Direktor des Instituts für Festkörperelektronik gewählt und zwei Jahre später zum Direktor des Zentrums für Mikro- und Nanotechnologien ernannt. Oliver Ambacher ist seit Oktober 2007 Professor an der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg, wo er derzeit an der Entwicklung von Quantensensoren und elektronischen Bauteilen für Quantencomputer arbeitet.

Prof. Dr. Peter H. Seeberger

Prof. Dr. Peter H. SeebergerMax-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam

Impfstoffe aus Zucker
Die meisten Krankheitserreger, darunter Bakterien, Pilze, Viren und Parasiten, tragen einzigartige Zucker auf ihrer Oberfläche. Derzeit werden mehrere Glykokonjugat-Impfstoffe gegen Bakterien erfolgreich eingesetzt. Da viele Krankheitserreger nicht kultiviert werden können und die Isolierung reiner Oligosaccharide schwierig ist, sind synthetische Oligosaccharid-Antigene eine attraktive Alternative. In diesem Vortrag beschreibt er einen Ansatz zur Entwicklung halb- und vollsynthetischer Glykokonjugat-Impfstoffe gegen schwere bakterielle Infektionen, einschließlich resistenter Krankenhauskeime. Dieser Ansatz wird durch Oligosaccharide ermöglicht, die durch automatisierte Glycan-Assemblierung (AGA) hergestellt wurden.

Impfstoffkandidaten zum Schutz vor Clostridium difficile und Klebsiella pneumoniae werden derzeit klinisch getestet. Synthetische Oligosaccharide dienen als Basis für Werkzeuge wie Glykan-Mikroarrays und zur Herstellung monoklonaler Antikörper zur Krebsbehandlung.

Zur Person
Peter H. Seeberger (geb. 1966) studierte Chemie an der Universität Erlangen-Nürnberg und promovierte in Biochemie an der University of Colorado. Nach einem Postdocaufenthalt am Sloan-Kettering Institute for Cancer Research in New York City war er von 1998-2002 Assistant Professor und Firmenich Associate Professor (tenured) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA. Von 2003-2009 war er Professor an der ETH Zürich und 2008 Vorsteher des Laboratoriums für organische Chemie. Seit 2009 ist er Direktor des Departments für Biomolekulare Systeme am Max-Planck Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam und Professor an der Freien Universität Berlin. Seit 2011 ist er Honorarprofessor an der Universität Potsdam. Er ist Mitglied des Senats der Max-Planck Gesellschaft und des Stiftungsrates der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Seit 2021 ist er Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Professor Seebergers Forschung wurde in über 620 Artikeln, fünf Büchern, mehr als 50 Patentfamilien publiziert und in über 900 Vorträgen präsentiert. Er ist einer der Editoren des Standardwerks „Essentials in Glycobiology“. Zu den mehr als 40 Preisen zählen der Körber Preis der Europäischen Wissenschaften (2007) und die Wahl zu einem der „100 wichtigsten Schweizer“. Er ist gewähltes Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Bisher wurden 66 seiner ehemaligen MitarbeiterInnen auf Professuren berufen.

Peter H. Seeberger setzt sich als Herausgeber der platinum open access Zeitschrift „Beilstein Journal for Organic Chemistry“ (kostenlos für AutorInnen und LeserInnen) besonders für neue, allgemein zugängliche Modelle des Publizierens ein. Als Mitgründer der Tesfa-Ilg “Hope for Africa” Foundation bemüht er sich um verbesserte Lebensbedingungen in Äthiopien.

Aus den Arbeiten im Seeberger-Labor sind mehrere erfolgreiche Firmen in Deutschland, den USA, der Schweiz und Dänemark hervorgegangen.

Prof. Martin Hrabě de Angelis

Prof. Martin Hrabě de AngelisHelmholtz Zentrum, München

Vererbung erworbener Eigenschaften – was Darwin und Lamarck bereits ahnten
Die Erforschung und Charakterisierung krankheitsrelevanter Genvarianten hat in den letzten beiden Jahrzehnten unglaublich viel an Wissen und Daten generiert. Genetische Elemente können in mutierter Form erblich bedingte Krankheiten hervorrufen. Diese sind im Einzelfall selten, aber in der Summe häufig. Bei komplexen Erkrankungen, wie z.B. kardiometabolischen Erkrankungen, spielen viele Genvarianten gleichzeitig eine Rolle, wobei auch Umweltfaktoren maßgeblich an der Pathogenese beteiligt sein können.

Am Beispiel des Diabetes mellitus werden aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert, die belegen, dass neben der klassischen Vererbung über DNA-Varianten auch die epigenetische Vererbung erworbener Eigenschaften bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle spielt. Dass dies keinen Widerspruch zu Darwins Evolutionstheorie darstellt, mag erstaunen und wird diskutiert.

Zur Person
Prof. Martin Hrabě de Angelis erforscht die Rolle der Genetik in Gesundheit und Krankheit mit dem Schwerpunkt der pathophysiologischen Aufklärung von Diabetes. Dabei nimmt die Entwicklung von Datenbanken und die Anwendung moderner Data Mining Methoden einen hohen Stellenwert ein.

Er studierte Biologie (Lehramt) in Marburg und promovierte 1994 über den Einfluss von Wachstumsfaktoren auf die frühe Embryonalentwicklung. Während seiner Zeit als Postdoc am Jackson Laboratory in Bar Harbor (USA) untersuchte er den Delta/Notch Signalweg und Modelle zur Somitogenese. Seit 2000 ist er Direktor des Instituts für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München. 2003 wurde er auf den Lehrstuhl für Experimentelle Genetik an der TUM berufen. Zugleich ist er Direktor des europäischen Forschungskonsortiums „INFRAFRONTIER“.

2001 gründete er am Helmholtz Zentrum München die German Mouse Clinic (GMC) zur systemischen Analyse von Modellen für menschliche Erkrankungen. Hrabě de Angelis ist Autor von über 600 Forschungsartikeln, die >39.000 mal zitiert wurden. Er leitet Forschungsprojekte auf nationaler sowie internationaler Ebene und ist Gründer und Vorstand des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Am Mausmodell hat Hrabě de Angelis mit seinem Team nachgewiesen, dass durch Ernährung verursachte Fettleibigkeit und Diabetes sowohl über Eizellen als auch über Spermien epigenetisch an die Nachkommen vererbt werden können. Durch großangelegte genetische Untersuchungen gelang es ihm, ein Netzwerk aus Genen zu identifizieren, die eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Diabetes spielen könnten.

2016 erhielt er die Ehrendoktorwürde (Dr. med. h.c.) der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und 2018 die Ehrendoktorwürden (Dr. vet. med. h.c.) der Ludwig-Maximilians-Universität München und (Dr. med. h.c.) der Technischen Universität Dresden. Ebenso ist er seit 2018 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Hrabě de Angelis entwickelte in Gründerteams wissenschaftliche Ideen bis zur Innovation und ist erfolgreicher Mitgründer mehrerer Biotech-Firmen.

Dr. Oliver Krause

Dr. Oliver KrauseMax-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg

Das James-Webb-Weltraumteleskop
Am 25. Dezember 2021 ist nach mehr als 25-jähriger Entwicklungszeit das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) ins All gestartet. Mit einem 6,5 m-Hauptspiegel und leistungsfähigen Beobachtungsinstrumenten ausgestattet ist JWST das größte, leistungsfähigste und komplexeste Weltraumteleskop, das jemals gebaut wurde.
Aufgrund seiner enormen Empfindlichkeit und Winkelauflösung soll JWST bahnbrechende neue Erkenntnisse in vielen Bereichen der Astronomie und Astrophysik liefern. JWST wird deshalb oft als Nachfolger des erfolgreichen Hubble-Weltraumteleskops bezeichnet. Die Inbetriebnahme des JWST und seiner wissenschaftlichen Instrumente ist bisher reibungslos verlaufen, und am 12. Juli 2022 werden der Öffentlichkeit die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen präsentiert werden.
Im Vortrag werden die wissenschaftliche Zielsetzung der Mission und die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse vorgestellt sowie die technologischen Herausforderungen beim Bau des Satelliten diskutiert.

Zur Person
Dr. Oliver Krause leitet am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg die Forschungsgruppe „Infrarot-Weltraumastronomie“ und war an der Entwicklung und dem Bau zweier JWST-Instrumente beteiligt.

Prof. Dr. Reinhard Genzel

Prof. Dr. Reinhard GenzelNobelpreisträger für Physik 2020
Max-Planck-Institut für extraterrestische Physik, Garching

Eine 40-jährige Reise
Vor etwas mehr als 100 Jahren veröffentlichte Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie. Ein Jahr später löste Karl Schwarzschild die entsprechenden Gleichungen für eine nicht rotierende kompakte Masse. Ist diese Masse hinreichend groß und kompakt, kann sogar Licht nicht mehr entkommen, wenn es einen bestimmten Abstand zur Gravitationssingularität im Zentrum überschritten hat – den so genannten Ereignishorizont. Das theoretische Konzept eines ‚Schwarzen Lochs’ war geboren und wurde in späteren Dekaden von Penrose, Wheeler, Kerr, Hawking und anderen weiterentwickelt. Der erste Hinweis auf die Existenz solcher Schwarzen Löcher in unserem Universum wurde durch die Beobachtungen von Röntgen-Doppelsternen und leuchtenden Quasaren geliefert. Ich werde die 40-jährige Reise beschreiben, die meine Kollegen und ich unternommen haben, um mit lang andauernden und immer präziser werdenden Beobachtungen der Bewegungen von Gas und Sternen als Testobjekte für Raum und Zeit die Masse im Zentrum unserer Milchstraße nachzuweisen und ihre Kompaktheit zu bestimmen. Diese Studien belegen die Existenz eines kompakten Objektes mit einer Masse von 4 Millionen Sonnenmassen, die ohne Zweifel einem einzigen massereichen Schwarzen Loch zugeordnet werden kann.

Zur Person
Prof. Dr. Reinhard Genzel (geb. am 24.3.1952 in Bad Homburg) ist Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching, Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Professor an der Graduate School for Physics and Astronomy der University of California in Berkeley. Er ist einer der weltweit führenden Forscher auf dem Gebiet der Infrarot- und Submillimeter-Astronomie. Seine Forschungsschwerpunkte sind Experimentelle Astrophysik, Schwarze Löcher, Galaxienkerne, Galaxienentwicklung, Sternenentstehung und extragalaktische Astrophysik. 2020 erhielt er den Nobelpreis für Physik, gemeinsam mit der US-amerikanischen Astronomin Andrea Ghez, für die Entdeckung eines supermassereichen kompakten Objekts im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße.

Mike Kramler¹,
Marion Pellowski²
Dr. Miriam Voß³

Mike Kramler - oben im Bild, Marion Pellowski - Bildmitte, Dr. Miriam Voß - unten im Bild¹ Betriebsingenieur des TUMlab (Experimentierlabor der TU München im Deutschen Museum)
² Diplom-Physikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Museum
³ Diplom-Biologin, Projektleiterin des TUMlab

Remote gemeinsam experimentieren
Zusammen etwas Neues ausprobieren, entdecken, praktisch arbeiten – durch die Corona-Pandemie sind viele Möglichkeiten für das Experimentieren im Unterricht entfallen oder sehr reduziert worden. Das Erasmusplus-Projekt „Hands-on-Remote“ stellt aus dieser Erfahrung heraus die Fragen: Wie können Schülerinnen und Schüler zusammen im Team experimentieren, selbst, wenn sie an verschiedenen Orten sind? Wie lassen sich Hands-on-Experimente sinnvoll in den Distanzunterricht einbinden? Wie kann eine Verbindung zwischen den Schülerinnen und Schülern gelingen, die sie zum Mitmachen anregt?

Die europäischen Partner – Portugal, Polen und Deutschland – haben je ein Unterrichtsmodul entwickelt zu den Themenfeldern Schall und Akustik, Sensoren und Messungen sowie Automatisierung in Miniatur, mit dem sie diese Fragen auf unterschiedliche Weisen beantworten. Der Workshop gibt Einblick in das Projekt und lädt zum Mitexperimentieren ein. So können Sie z.B. die Online-Simulationsumgebung „Wokwi“ kennenlernen. Sie erfahren, wie Sie durch die Übertragung von Lichtsignalen in einer Videokonferenz echte Zusammenarbeit fördern können. So viel sei verraten: Das Lichtsignal löst trotz räumlicher Distanz einen realen Effekt beim Team-Partner aus.

Koordiniert wird das Erasmusplus-Projekt „Hands-on-Remote“ von der Abteilung Bildung des Deutschen Museums.

Zu den Personen
Mike Kramler ist Betriebsingenieur des TUMlab, des Experimentierlabors der Technischen Universität München im Deutschen Museum. Für das Projekt „Hands-on-Remote“ hat er eine kleine Mini-Produktionsanlage entwickelt, um die größere Fertigungsstraße aus dem TUMlab in eine kleine programmierbare Einheit für zuhause und fürs Klassenzimmer zu verwandeln. Er hat das TUMlab seit 2005 mit aufgebaut, leitet Fortbildungen für Lehrkräfte und konzipiert MINT-Kurse für Schulklassen. Er unterrichtete an einer Münchner Berufsschule und entwickelte an der Fachhochschule München Motivationskurse für Kinder. Mike Kramler schloss eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker ab, absolvierte an der FH München das Studium der Elektrotechnik und arbeitete mehrere Jahre in einem Ingenieurbüro.

Marion Pellowski ist Diplom-Physikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Erasmusplus-Projekt „Hands-on-Remote“. Sie hat die Mini-Produktionsanlage mit entworfen, zahlreiche, auch interaktive, Begleitmaterialien entwickelt und das Unterrichtskonzept auf verschiedene Unterrichtssituationen – remote und vor Ort – ausgerichtet. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Museum und an der TU München und unter anderem aktiv in der Abteilung Bildung des Museums und in der Didaktik-Werkstatt TUMlab-Forum. Frau Pellowski hat als Lehrkraft an einem Münchner Privatlehrinstitut gearbeitet. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin und als freiberufliche Referentin hat sie zahlreiche Workshops für Schulklassen ausgearbeitet und geleitet sowie Fortbildungen für Lehrkräfte organisiert, gestaltet und durchgeführt.

Dr. Miriam Voß ist Projektleiterin des TUMlab bzw. der TUMlab-Forum Didaktik-Werkstatt. Sie hat die Konzeption des Unterrichtsmoduls eng begleitet und entwickelte eine Unterrichtseinheit, um die Mini-Produktionsanlage und das Thema Automatisierung in einen sozialen Kontext zu setzen. Sie hat das TUMlab als Lehr-Lern-Labor konzipiert und aufgebaut. Frau Voß ist zuständig für die anwendungsbezogene Begleitforschung und die darauf basierende Weiterentwicklung des Labors und der Kurse. Sie ist Diplom-Biologin und leitet Kurse mit entsprechendem naturwissenschaftlichem Schwerpunkt. In ihrer Promotion am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT, Universität Bielefeld) legte sie ihren Fokus auf Medien- und Wissenschaftskommunikation.