Schlagwort-Archive: Vortrag

Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Volhard

Prof. Dr. Christiane Nüsslein-VolhardNobelpreisträgerin für Medizin 1995
Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, Tübingen

Die Streifen des Zebrafisches: Wozu und wie entsteht Schönheit bei Tieren?
Wir finden Farben, Muster und Gesänge von Tieren schön, so wie wir Kunstwerke, Bilder und Musik schön finden. Die Kunstprodukte sind vom Menschen für Menschen gemacht, aber wie steht es mit den Ornamenten und Lauten der Tiere? Wie kommen diese wunderschönen Naturprodukte zustande?
Besonders wichtig sind Farbmuster für die Erkennung von Artgenossen und als Auslöser von angeborenen Instinkthandlungen, die bei der Kommunikation, bei Schwarmbildung, Revierabgrenzung und Sexualverhalten eine große Rolle spielen. Nicht nur ihre Schönheit für den Menschen, sondern die vielfältige Bedeutung von Farben und Mustern ist ausreichender Grund, ihren Aufbau, ihre Entstehung in der Entwicklung und ihre Evolution zu erforschen.
Wir untersuchen die Bildung von Farbmustern bei Fischen, genauer beim Zebrafisch Danio rerio. Dieser hat sich in den vergangenen 30 Jahren als hervorragendes Wirbeltier-Modellsystem der biomedizinischen Forschung etabliert. Die wichtigsten Eigenschaften: er entwickelt sich in durchsichtigen Eiern, die Larve ist auch durchsichtig, dadurch lassen sich viele Prozesse sehr einfach im lebenden Tier, in vivo, verfolgen. Er ist relativ leicht molekulargenetisch manipulierbar, und Mutanten erlauben, Proteine zu identifizieren, die spezifischen biologischen Prozessen zu Grunde liegen. Für unsere Fragestellung ist sein schönes regelmäßiges Farbmuster wichtig, das aus vier dunklen und vier hellen Streifen zusammengesetzt ist. Die Streifen entstehen bei beiden Geschlechtern, sie sind wohl für die Arterkennung bei der Schwarmbildung relevant. Bei der Balz sind die männlichen Fische intensiv gelb gefärbt, das ist “sexual attraction”.
Woher kommen die Pigmentzellen? Wie besiedeln sie die Haut? Wie entsteht das Muster? Welche Gene sind bei der Evolution beteiligt? Auf die Beantwortung dieser Fragen hat sich mein Labor in den vergangenen Jahren fokussiert, wobei eine Reihe von modernen Verfahren der Fluoreszenzmikroskopie und der Gentechnik, besonders die neue CRISPR/Cas Methode des Gene-editings entscheidende Fortschritte im Verständnis ermöglicht haben.

Zur Person
Christiane Nüsslein-Volhard ist eine deutsche Genetikerin, die zusammen mit den Amerikanern Eric Wieschaus und Edward Lewis den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für ihre Entdeckungen zur genetischen Steuerung der frühen Embryonalentwicklung erhielt. Anhand der Fruchtfliege Drosophila melanogaster identifizierten Nüsslein-Volhard und Wieschaus die Gene, die für die Bestimmung des Körperbaus und die Bildung der Körpersegmente wichtig sind. Gene, die homolog zu denen der Fruchtfliege sind, steuern auch die menschliche Entwicklung.
Nüsslein-Volhard wurde 1942 als zweites von fünf Kindern in Magdeburg geboren und wuchs in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit in Frankfurt auf. Schon mit 12 Jahren wusste Nüsslein-Volhard, dass sie Biologin werden wollte und war eine eifrige, wenn auch unstete Schülerin. Nach einem einmonatigen Praktikum als Krankenschwester in einem Krankenhaus bestätigte sich ihr Verdacht, dass nicht die Medizin, sondern die Forschung das Richtige für sie ist, und sie studierte Biologie an der Universität Frankfurt. 1964 wechselte sie nach Tübingen, um Biochemie und im letzten Studienjahr Mikrobiologie und Genetik zu studieren.
Für ihre Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für Virusforschung in Tübingen führte sie molekularbiologische Untersuchungen zur bakteriellen Transkription durch, interessierte sich dann aber zum Ende ihrer Diplomarbeit 1973 für Entwicklungsbiologie und Genetik. Sie entschied sich für Drosophila als geeignetes Thema für ein Postdoc-Projekt zur Entwicklungsgenetik und kam 1975 in das Labor von Walter Gehring in Basel.
Von 1978-80 teilte sie sich ein Labor mit Eric Wieschaus am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg. 1981 kehrte sie nach Tübingen zurück, wo sie 1985 Direktorin des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie wurde. Ihre Arbeitsgruppe entdeckte mehrere morphogenetische Gradienten im Drosophila-Embryo. In den 1990er Jahren führte sie systematische genetische Studien zur Embryonalentwicklung des Zebrafisches durch, der sich als herausragender Wirbeltier-Modellorganismus für die biomedizinische Forschung erwies.
Christiane Nüsslein-Volhard hat etwa 200 Originalarbeiten und mehrere Bücher veröffentlicht. Sie erhielt eine Reihe von Auszeichnungen und Ehrungen, darunter 1986 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis – die höchste Auszeichnung in der deutschen Forschung, 1991 den Lasker Award (USA) und 1995 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie.
Im Jahr 2004 gründete Christiane Nüsslein-Volhard die CNV-Stiftung zur Förderung von Frauen mit Kindern in der Wissenschaft.

Dr. Matthias Knauer

Dr. Matthias KnauerWissenschaftlicher Mitarbeiter der AG Optimierung und Optimale Steuerung
Universität Bremen

Mathematik: Unser Schlüssel zur Industrie
Wofür lernt man eigentlich Mathematik? In diesem Vortrag soll an konkreten Beispielen erläutert werden, wie Mathematik, insbesondere die Disziplin der Optimierung, bei der Lösung von Fragestellungen aus der Industrie weiterhilft. Nicht selten führen solche Fragestellungen auch zu neuen mathematischen Ideen. Ein Gewinn für beide Seiten!

Doch was zeichnet Mathematikerinnen und Mathematiker aus? Die üblichen Antworten, wie die Fähigkeit, sich in neue Themen einzuarbeiten, oder das Problem zu abstrahieren, sollen in diesem Vortrag illustriert werden.

Zur Person
Matthias Knauer arbeitet seit 2004 am Zentrum für Technomathematik (ZeTeM) der Universität Bremen. In der Arbeitsgruppe Optimierung und Optimale Steuerung optimiert er überall da, wo sich etwas bewegt: Kräne, Raumschiffe, Roboter. Damit jeder versteht, wie schön und nützlich Mathematik sein kann, erstellt er außerdem Visualisierungen am Computer und Exponate und bietet mathematische Stadtführungen an.

Prof. Dr. Wolfgang Ketterle

Prof. Dr. Wolfgang KetterleNobelpreisträger für Physik 2001
Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

Experimente am absoluten Temperatur-Nullpunkt
Warum kühlen Physiker Materie zu extrem niedrigen Temperaturen? Warum ist es wichtig, Temperaturen zu erreichen, die mehr als eine Milliarde mal kälter sind als der interstellare Raum? In diesem Vortrag werde ich beschreiben, mit welchen Methoden man Atome auf Nanokelvin-Temperaturen abkühlt, wie man solche Temperaturen misst, und wie man neue Formen der Materie realisiert und beobachtet.

Zur Person
Wolfgang Ketterle wurde am 21. Oktober 1957 in Heidelberg geboren. Nach dem Abitur absolvierte er ein Physikstudium zunächst an der Universität Heidelberg und später an der Technischen Universität München, das er 1982 als Diplomphysiker abschloss. Von 1982 bis 1986 hat er anschließend an der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik promoviert. Nach seiner Promotion beschäftigte er sich am Max-Planck-Institut für Quantenoptik vor allem mit der Laserspektroskopie. 1990 ging er – zunächst als Gastforscher – an das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, wo er sich einem neuen Forschungsfeld, der Grundlagenforschung im Bereich der Tieftemperaturphysik, zuwandte. Seit 1998 hat er dort die John D. MacArthur Professur für Physik inne und ist seit 2006 stellvertretender Direktor des Research Laboratory of Electronics sowie Direktor des Center of Ultracold Atoms.

2001 erhielt Wolfgang Ketterle zusammen mit Eric A. Cornell und Carl E. Wieman den Nobelpreis für Physik für die Erzeugung der Bose‐Einstein‐Kondensation und für grundsätzliche Studien über die Eigenschaften der Kondensate. Wolfgang Ketterle war einer der ersten Forscher, denen ein Bose‐Einstein‐Kondensat gelang. Er entwickelte zudem die Grundlagen für den Atomlaser, der von ihm erstmals 1997 realisiert wurde. Er erhielt neben dem Nobelpreis für Physik viele weitere Auszeichnungen.

Prof. Dr. Corinna Dawid

Prof. Dr. Corinna DawidLehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik, Technische Universität München

Translationale Geschmacksstoffforschung als Grundlage für die Entwicklung und Optimierung von Lebensmitteln
Ein Großteil unseres täglichen Lebens wird durch die Wechselwirkung chemosensorischer Rezeptoren in Mund und Nase mit einzelnen Lebensmittelinhaltsstoffen beeinflusst. Daher stellen insbesondere Aroma und Geschmack ein wichtiges Kriterium für die Produktqualität beim Verbraucher dar. Die Entwicklung neuer Verfahren und Rezepturen zur Her-stellung traditioneller sowie auch funktioneller Lebensmittel sowie der rasche Fortschritt im Bereich der Pflanzen- und Tierzüchtung macht es daher erforderlich, die Auswirkungen solcher Verfahren auf qualitätsbestimmende Parameter wie den Geschmack der Lebensmittel auf der Basis objektiver Messmethoden stofflich zu erfassen.

Für das erfolgreiche Design des Geschmacksprofils innovativer Lebensmittelprodukte ist die Wissenschaft daher gefordert zu klären, welche biochemischen Mechanismen dem Schmecken zu Grund liegen, welche Lebensmittelinhaltsstoffe mit diesen Sensorsystemen als schmackhaft detektiert werden und welche Wirkkonzentrationen dieser Verbindungen in Lebensmitteln notwendig sind.

Im Rahmen des Vortrages wird anhand ausgewählter Beispiele gezeigt, inwieweit das Forschungsgebiet der molekularen Sensorik in der Lage ist, durch geschickte Kombination analytischer Konzepte der Naturstoffforschung, humaner psychophysikalischer Testverfahren sowie von Geschmacksrezeptorbasierten Assays den Geschmack von Lebensmittelprodukten auf molekularer Ebene zu objektivieren und diese Erkenntnisse gezielt zur Lösung wirtschaftlicher Problemstellungen beim Design attraktiver Geschmacksprofile für innovative Produkte für den Markt von Morgen zu nutzen.

Zur Person
Nach ihrem Studium der Lebensmittelchemie an der Universität Münster begann Prof. Dawid noch in Münster eine Promotion bei Prof. Dr. Thomas F. Hofmann. 2007 folgte sie ihrem Doktorvater an das Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität (TUM) München, wo sie ihre Promotion abschloss und einen Postdoc absolvierte.

Während eines Forschungsaufenthalts an der Chulalongkorn University in Bangkok wirkte sie dort maßgeblich am Aufbau des Instituts für Molekulare Sensorik mit. Zurück in München begann sie ihre Habilitation mit Studien zur Stressresistenz bei Pflanzen. Nach der Ernennung von Hofmann zum Präsidenten der TUM übernahm Prof. Dawid die kommissarische Leitung des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik. Seit 2020 ist sie zudem Mitglied des ZIEL Institute for Food and Health und stellvertretende Direktorin des Bayerischen Zentrums für Biomolekulare Massenspektrometrie (BayBioMS).

Prof. Dr. Markus Klute

Prof. Dr. Markus KluteMassachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

Enthüllung von Geheimnissen in der Teilchenphysik
Wir haben das Higgs-Boson gefunden, aber wo sind alle anderen neuen Teilchen? Der Large Hadron Collider (LHC) am CERN war ein bemerkenswerter Erfolg. Sein Höhepunkt, die Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012, vervollständigte das Standardmodell grundlegender Teilchenwechselwirkungen. Die Teilchenphysik erwartet jedoch, dass die Ära der noch tieferen Entdeckung gerade erst beginnt. In diesem Vortrag werde ich die aktuelle Landschaft der Teilchenphysik beschreiben, erklären, warum LHC-Physiker so begeistert von den möglichen Entdeckungen des leistungsstärkeren LHC sind, und Einblicke in eine mögliche Roadmap für die Teilchenphysik jenseits des LHC geben.

Zur Person
Markus Klute ist Professor für Physik am MIT. Er hat in Bonn an der Rheinischen Friedrich-Wilhems-Universität studiert und schloss dort im Jahre 2004 seine Promotion im Bereich der experimentellen Teilchenphysik ab. Einen großen Teil seiner Promotionszeit verbrachte er an den Forschungszentren CERN in der Schweiz und dem Fermilab in den USA. Auch nach der Promotion zog es ihn in die USA mit einer Wissenschaftlerstelle am MIT. Im Jahre 2007 erhielt er einen Ruf an die Georg-August-Universität in Göttingen, bevor er 2009 als Professor ans MIT zurückkehrte. Im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit stand die Entdeckung des Higgs-Bosons und steht nun die Untersuchung dieses sonderbaren Teilchens.

Prof. Dr. Daniela Domeisen

Prof. Dr. Daniela Domeisen
Bildquelle: ETH Zürich / Giulia Marthaler

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
Alumna des Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

Vom Wetter zum Klima: Was kann eine Vorhersage?
Immer häufiger ist von extremen Wetterereignissen die Rede, von Hitzewellen und Stürmen. Die Auswirkungen solcher Ereignisse auf die Natur und die Gesellschaft sind oft schwerwiegend. Der Klimawandel kann Extremereignisse sogar noch verstärken. Aber auf welchen Zeitskalen können Vorhersagen von Extremereignissen gemacht werden? Während uns die Wettervorhersage vertraut ist, stecken langfristigere Vorhersagen von Wochen bis Monaten noch in den Kinderschuhen, haben aber viel Potenzial. Gleichzeitig werden Klimaprognosen immer relevanter. Dieser Vortrag gibt einen Einblick in den aktuellen Stand der Wissenschaft in der Wetter- und Klimavorhersage, zeigt die Herausforderungen und Möglichkeiten auf und stellt diese in den Zusammenhang unserer eigenen Wahrnehmung von Wetter und Klima.

Zur Person
Daniela Domeisen studierte Physik an der ETH Zürich und die Auswirkungen des Klimas auf die Gesellschaft an der Columbia University in New York. Sie promovierte am MIT zur Fluiddynamik der Atmosphäre, gefolgt von Forschungsaufenthalten in den USA und in Deutschland. In London arbeitete sie für ein Finanzunternehmen zur Vorhersage von Rohstoffpreisen im Zusammenhang mit Wetter- und Klimaphänomenen, gefolgt von einer Juniorprofessur am GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Seit 2017 hat sie eine Assistenzprofessur an der ETH Zürich inne. Sie ist Expertin für langfristige Vorhersage am Übergang vom Wetter zum Klima, Extremereignisse sowie globale Zusammenhänge im Klimasystem.

Prof. Dr. Thomas Vilgis

Prof. Dr. Thomas VilgisMax-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz
Professor für Theoretische Physik, Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz

Von fleischlichen und veganen Würsten – eine Physikersicht
Kommt ein Physiker in eine Metzgerei und blickt staunend in die Auslage: Würste vom Schwein, Kalb, Geflügel, Brüh-, Koch-, Streichwürste, aus Fleisch, Fett, Innereien, Wasser, aus Erbsen-, Soja- und Lupinenproteinen. Er stellt sich die Frage: Kann man solche komplexen „Materialien“ überhaupt verstehen? Er kauft ein Sortiment, bringt es ins Labor und geht den physikalischen Eigenschaften der schmackhaft weichen Materie auf den Grund. Auf der Suche nach universellen Zusammenhängen, die ihm Sensorik, orales Prozessieren im Mund, Bruchverhalten, Rheologie, Mikroskopie, Kalorimetrie und Tribologie vorschlagen, fällt es Physikern wie Schuppen von den Augen: die komplexe Welt der Lebensmittel ist dominiert von multiskaliger, prozessabhängiger Nichtgleichgewichtphysik, erzwungenen Strukturen, von konkurrierenden Wechselwirkungen und hierarchischen Längenskalen. Dabei wird rasch klar, warum die Großväter der Metzger früher „bessere“ Würste fertigen konnten und was vegetarischen und veganen „Ersatzprodukten“ oft fehlt: wohldosiertes molekulares Feintuning auf Nanoskalen, denn dort wird weit mehr über kulinarische Akzeptanz oder Ablehnung entschieden, als man gemeinhin glaubt.

Der Vortrag entführt damit in die Physik der Proteine und Fette sowie in die Eigenschaften von elastischen und plastischen Emulsionen – und somit in das spannende Gebiet der Physik von „essbarer weicher Materie“. Ganz nebenbei klären die physikalischen gewonnenen Einsichten manch grundsätzliche und kontrovers (und ideologisch) diskutierte Fragen der „Ernährung“.

Zur Person
Prof. Dr. Thomas A. Vilgis diplomierte und promovierte in Physik in Ulm, habilitierte in Mainz in Theoretischer Physik und arbeitete in Cambridge, London und Strasbourg. Er ist Professor an der Universität Mainz. Am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz leitet Vilgis eine Arbeitsgruppe zur statistischen Physik weicher Materie sowie eine experimentelle Gruppe zur „soft matter food science“. Vilgis publizierte über 300 wissenschaftliche Arbeiten in der Fachliteratur zur Physik der weichen Materie und zur molekularen Lebensmittelphysik. Er ist Herausgeber der Zeitschrift „Journal Culinaire – Kultur und Wissenschaft des Essens“, Autor zahlreicher Bücher zur Naturwissenschaft des Kochens und der Physik und Chemie der Lebensmittel. Das Werk „Aroma – die Kunst des Würzens“ wurde mit der „Goldenen Feder“ der Gastronomischen Akademie Deutschlands ausgezeichnet.

Prof. Dr. Walter Birchmeier

Prof. Dr. Walter BirchmeierMax-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft, Berlin

Die Rolle von Stammzellen und Krebsstammzellen
Jedes unserer Gewebe und Organe enthält Stammzellen. Stammzellen können sich laufend erneuern und gleichzeitig differenzierte Zellen, wie z.B. Neuronen, Blut- oder Herzzellen bilden durch den Prozess der asymmetrischen Teilung. Stammzellen sind essentielle Bausteine unserer Entwicklung und unseres adulten Lebens.
Experimentell werden die Stammzellen aus der inneren Masse der Blastozyste gewonnen, aber auch bereits ausdifferenzierte Zellen können durch einen Transkriptionsfaktor-Cocktail zurück in das Stammzellstadium versetzt werden.
Vor einigen Jahren wurde entdeckt, dass es auch in Tumoren Tumorstammzellen gibt, die in verschiedenen Tumoren mit 0,1 bis 2% Häufigkeit auftreten. Wie die gesunden Stammzellen besitzen Tumorstammzellen die Fähigkeit zur Selbsterneuerung und können in alle Zellen des Tumors differenzieren. Tumorstammzellen sind häufig die Ursache für Therapieresistenz und Rückkehr der Krebserkrankung. In unserem Labor erforschen wir die Unterschiede zwischen zellulären Signalwegen in Tumorstammzellen und denen in anderen Tumor- und Normalzellen. Die Unterschiede nutzen wir, um personalisierte Krebstherapien entwickeln zu können.

Zur Person
Walter Birchmeier diplomierte in Biologie an der Universität Zürich (1973). Nach Postdoc-Jahren an der Cornell University Ithaca, dem Biozentrum Basel und der University of California in San Diego wurde er Laborleiter am Max-Planck-Institut Tübingen (1982) und ordentlicher Professor an der Medizinischen Hochschule Essen (1988). Seit 1993 ist er am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin tätig. Er war von 04/2004 bis 12/2008 Direktor des Max-Delbrück-Centers und ist Professor an der Charité/Humboldt-Universität Berlin. Seine Hauptforschungsinteressen waren die Rolle der Zelladhäsion und Signaltransduktion bei der Entwicklung und Progression von Tumoren.

Prof. Dr. Anna Frebel

Prof. Dr. Anna FrebelDepartment of Physics, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

Auf der Suche nach den ältesten Sternen
Wenn man in einer mondlosen Nacht spazieren geht, kann man unzählige Sterne am Himmel sehen. Einige dieser Lichtpunkte scheinen schon seit 13 Milliarden Jahren. Dies sind die ältesten noch lebenden Objekte des Universums, welches selbst 13,8 Milliarden Jahre alt ist. Die „Stellare Archäologie“ hat als Ziel, diese extrem seltenen Sterne zu finden.
Die chemische Zusammensetzung dieser Sterne ergibt, dass sie nur Spuren von Elementen in sich enthalten, die schwerer als Wasserstoff und Helium sind. Das liegt daran, dass sie in einer Zeit geboren wurden, als es von schwereren Elementen, wie z.B. Kalzium oder Eisen, noch nicht viel gab. Dies bietet somit die Möglichkeit, lokale Milchstraßensterne für die Erforschung der Frühzeit des Universums zu benutzen, denn die ersten schwereren Elemente wurden von den allerersten sehr massereichen Sternen kurz nach dem Urknall synthetisiert und dann während ihrer Supernova-Explosionen ins All geschleudert. Diese chemischen Fingerabdrücke wurden den Sternen der nächsten Generation dann bei ihrer Entstehung aus riesigen Gaswolken mitgegeben. Diese viel leichteren Sterne sind auch heute noch beobacht- und analysierbar; ihre Zusammensetzung verrät uns Wesentliches über die ersten Nukleosyntheseprozesse, die chemische Entwicklung der Milchstraße sowie die Stern- und Galaxienentstehung.
In diesem Vortrag wird u.a. der Entdeckungsprozess von einigen der ältesten Sterne mit den Großteleskopen dargelegt. Mit Videos über das Beobachten mit den 6,5-Meter-Magellan-Teleskopen in der Atacama-Wüste in Chile wird ein einzigartiger Einblick in die Arbeit von Astronomen gegeben.​

Zur Person
Anna Frebel ist Associate Professor am Department für Physik des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (Massachusetts), USA. Die gebürtige Deutsche erwarb 2007 ihren Doktortitel in Astronomie und Astrophysik von der Australischen Nationaluniversität, wo sie am Mt. Stromlo Observatorium forschte. Mit renommierten Stipendien arbeitete sie daraufhin als Postdoktorandin an der Universität von Texas in Austin und am Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik in Cambridge, Massachusetts. Seit 2012 ist Frebel am MIT als Professorin tätig. Sie ist eine international führende Expertin der Stellaren Archäologie und Nahfeldkosmologie. Diese Gebiete beschäftigen sich mit dem Studium 13 Milliarden Jahre alter Sterne, um darüber die physikalischen und chemischen Bedingungen des frühen Universums sowie den Ursprung der Elemente und die Entstehung unserer Milchstraßengalaxie zu verstehen.
Für ihre Forschungsergebnisse zur chemischen Entwicklung und zu den Entdeckungen der ältesten bekannten Sterne hat Frebel viele Auszeichnungen und Preise erhalten, wie z.B. 2007 den Charlene-Heisler-Preis (Astronomische Gesellschaft von Australien), 2009 den Ludwig-Biermann-Förderpreis (Deutsche Astronomische Gesellschaft) und 2010 die Annie-Jump-Cannon-Auszeichnung (Amerikanische Astronomische Gesellschaft). 2013 wurde ihr der CAREER Award der Nationalen Wissenschaftsstiftung der USA verliehen. 2016 wurde sie in die Liste der zehn vielversprechendsten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ScienceNews Magazine aufgenommen.
Weiterhin gibt Frebel regelmäßig Seminare zu professionellem Career Development und Leadership Training (meist) für Frauen in der Wissenschaft, hält Vorträge und schreibt Artikel, um die Astronomie der Öffentlichkeit nahezubringen. Dies ist auch das Anliegen ihres populärwissenschaftlichen Buches „Auf der Suche nach den ältesten Sternen“ (S. Fischer Verlag).

Prof. Dr. Wim van Rees

Prof. Dr. Wim van ReesDepartment of Mechanical Engineering, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)

4D-Druck: Geometrie, Elastizität und formverändernde Strukturen
Formveränderung in der Natur zeigt sich, zum Beispiel, bei Pflanzen- und Blütenblättern, welche mittels komplexer Wachstumsvorgänge entstehen und sich weiter verändern. Jüngste Entwicklungen in 3D-Druck und Materialwissenschaften ermöglichen es Forschern, Strukturen herzustellen, welche ähnliche Fähigkeiten der Formveränderung aufweisen. Strukturen können in einer bestimmten Form, zum Beispiel flach, hergestellt und dann durch Vorgänge wie Wärmezugabe aktiviert werden und ihre Form verändern (4D-Druck). Diese Technologie kann neue Anwendungen in der Robotik finden, zum Beispiel artifizielle Muskulatur. In diesem Vortrag werden die geometrischen und elastischen Prinzipien erläutert, die solchen Formänderungen zugrunde liegen. Wir werden uns sowohl auf die Vorhersage als auch auf den Designaspekt konzentrieren und wie sie mittels Computersimulationen gelöst werden können. Die Vorhersage behandelt, wie wir die Formveränderung bei gegebener Kombination von Materialien und ihrer Anordnung vorhersagen können. Der Designaspekt beantwortet, wie wir durch die Kombination verschiedener Materialien und ihrer Anordnung eine gewünschte Ziel-Form erhalten. Am Ende des Vortrags wird ein experimentelles Beispiel besprochen, in dem all diese Aspekte zusammenkommen, um eine flache Struktur in eine vertraute komplexe Form zu ändern.

Zur Person
Wim M. van Rees ist seit 2017 Assistenzprofessor im Departement Maschinenbau am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Davor arbeitete er also Postdoktorand an der School of Engineering and Applied Sciences der Harvard University. Wim promovierte an der ETH Zürich (Schweiz) und erhielt einen BSc und MSc in Schiffsbau von der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Seine Forschungsinteressen sind die Anwendung komplexer numerischer Computersimulationen im Bereich von Flüssigkeiten, Strukturen und Wechselwirkungen zwischen Flüssigkeiten und Strukturen. Wims Vision für zukünftige Forschung ist es, bioinspirierte Verformung flexibler Strukturen in Fluidströmen für den Antrieb von Unterwasser-Robotern oder für erneuerbare Energien im Bereich Wasserkraft zu nutzen.