Direktor der Abteilung für Physikalische Festkörperchemie des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung, Stuttgart
Das „chemische Innenleben“ fester Stoffe: Von Fehlstellen zu modernen Batterien
Die Sonderrolle des Festkörpers in der Chemie ist eklatant: Entweder wird er als inert angesehen oder als in Gänze instabil. Lediglich die Oberfläche wird als Hort chemischen Geschehens begriffen. Die Vorstellung eines chemischen Innenlebens erscheint trotz aller Fortschritte auf dem Gebiet der Festkörperchemie immer noch abenteuerlich. Dabei erlaubt die Betrachtung der Punktfehler – wie fehlende oder zusätzliche Teilchen – eine Behandlung des festen Zustandes, die der „wässrigen Chemie“ weitgehend ähnlich ist. Die Gestaltung dieser „Fehlerchemie“ ist der Schlüssel zur Funktionseinstellung fester Stoffe in Hinblick auf Lithiumbatterien oder Brennstoffzellen wie für ein tieferes Verständnis von Festkörperreaktionen.
Zur Person
Joachim Maier (geb. 1955 in Neunkirchen, Saar) studierte Chemie an der Universität des Saarlandes, promovierte dort 1982 und schloss seine Habilitation an der Universität Tübingen 1988 ab. Er lehrte oder lehrt noch in Tübingen, am MIT als externes Fakultätsmitglied, an der Universität Graz als Gastprofessor und an der Universität Stuttgart als Honorarprofessor. Joachim Maier ist gewähltes Mitglied verschiedener nationaler und internationaler Akademien. Als Direktor der Abteilung für Physikalische Festkörperchemie (seit 1991) des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung liegen seine Hauptinteressen im konzeptionellen Verständnis chemischer und elektrochemischer Phänomene in und an Festkörpern, wie auch in ihrer gezielten Nutzung in materialwissenschaftlichen Anwendungen.
Leiter des Instituts für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig
Kooperationsmodelle zwischen drahtlosen Breitband- und Rundfunknetzen
Die zunehmende Bedeutung von Smartphones und Tablet PCs führt dazu, dass der Bedarf nach Übertragungskapazitäten zu diesen Endgeräten permanent wächst. Die Mobilfunknetze werden daher kontinuierlich ausgebaut und benötigen mehr und mehr Platz im Frequenzspektrum. Klar erkennbar ist, dass der Datenverkehr in diesen Netzen zunehmend durch Video-Konsum geprägt ist. Ein bedeutender amerikanischer Netzausrüster prognostiziert, dass im Jahr 2019 der Anteil von Video am Datenverkehr in drahtlosen Netzen bereits bei 72% liegen wird. Auf Video spezialisiert sind die heute bestehenden Rundfunknetze. Daher bietet es sich an, Systeme zu erfinden, die das Beste aus beiden Welten zusammenführen, um einerseits die Mobilfunknetze von Videodaten zu entlasten, andererseits aber die Übertragung hochqualitativer Videosignale zu mobilen Endgeräten zu ermöglichen. Die dominierenden Forschungsthemen des Autors kann man vor dem Hintergrund der skizzierten Entwicklung unter der Überschrift: „Kooperationsmodelle zwischen Broadband und Broadcast“ subsummieren. Sein Team hat drei Systeme erfunden, nämlich (in chronologischer Reihung) „Dynamic Broadcast“, „Tower Overlay over LTE-A+ (TOoL+)“ und „Redundancy on Demand (RoD)“. Der Vortrag wird diese Systeme, und die Überlegungen, die zu ihrer Entwicklung geführt haben, vorstellen.
Zur Person
Nach dem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität Braunschweig und einer Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Nachrichtentechnik begann Dr. Reimers eine Tätigkeit in der Industrie. Als Leiter einer Vorentwicklungsgruppe, später als Entwicklungsleiter der Kameraentwicklung und schließlich als Leiter eines Produktbereiches im Geschäftsbereich Fernsehanlagen der Robert Bosch GmbH wirkte er auf der Seite der Studiotechnik für das Fernsehen. Von 1989 bis 1993 war er der Technische Direktor des NDR und wechselte anschließend als Universitätsprofessor an die Technische Universität Braunschweig, wo er das Institut für Nachrichtentechnik leitet. Prof. Reimers ist Mitbegründer des Industriekonsortiums „DVB Project“. Als Leiter des Technical Module dieses Konsortium war er zwanzig Jahre lang für die Entwicklung der technischen Systeme wie (DVB-C, DVB-S, DVB-T, DVB-S2, DVB-C2 oder DVB-T2) verantwortlich, über die große Teile der Weltbevölkerung heute Fernsehprogramme empfängt. Prof. Reimers erhielt zahlreiche internationale und nationale Auszeichnungen.

Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, USA
Biologisch inspirierte optische Materialien – einzigartige Lichtmanipulationsstrategien in der Natur als Vorbild für die Entwicklung von multifunktionalen, dynamischen, optischen Materialien
Der Fokus unserer Forschung liegt auf den wissenschaftlichen Grundlagen und anwendungsbezogenen Schwerpunkten der Entwicklung von multifunktionalen, hierarchisch strukturierten, biologisch inspirierten Materialsystemen. Hierbei konzentrieren wir uns vor allem auf Materialien mit variablen optischen Eigenschaften. Solche Materialien sind gekennzeichnet durch kontrollierte und eindeutig identifizierbare Variationen in ihrer Interaktion mit Licht, welche zum Beispiel durch spezifische mechanische oder chemische Stimulierung herbeigeführt werden können. Wir profitieren dabei von kontinuierlich vertieften Einsichten in die Wirkungsweise einer Vielzahl von biologischen, photonischen, Längenskalen-übergreifenden Materialarchitekturen, welche sich im Verlauf der natürlichen Evolution in verschiedenen Organismen konvergent geformt haben. In diesem Zusammenhang evaluieren wir die Anwendbarkeit von Design-Konzepten, welche in biologischen, photonischen Strukturen vorherrschen, für die Herstellung von neuen, künstlichen, optischen Materialien. Wir versuchen die Mechanismen, welche der Entstehung von biologischen optischen Materialen unterliegen, zu verstehen und arbeiten an der Konzeption von Herstellungsverfahren für neue optische Materialien, welche gleichermaßen von unserem Verständnis für biologische Strukturbildungsprozesse und von etablierten synthetischen Fertigungsroutinen profitieren. Auf diese Weise legen wir die Grundlagen für die Herstellung neuer optischer Materialien und funktioneller Komponenten für ein weites Feld von Anwendungen in der Sensorik, der effizienten Energieumwandlung, der Informationsverarbeitung und -kommunikation, der Materialverarbeitung und der Medizin. Die Schwerpunkte dieses Vortrages liegen zum einen auf der Diskussion verschiedener biologischer Materialien mit einzigartigen optischen Eigenschaften, wie die blauen Früchte von tropischen Pflanzen oder die Farbmuster in semi-transparenten Muschelschalen, und zum anderen auf der Präsentation von neuen Materialien mit kontrolliert variierbaren Lichtwechselwirkungen, zum Beispiel optischen Fasern, welche auf mechanische Verformung mit einer proportionalen, reversiblen Farbänderung reagieren, oder flexibel konfigurierbaren, Emulsions-basierenden Mikrolinsen.
Zur Person
Mathias Kolle forscht grenzübergreifend in den Bereichen Optik, Materialwissenschaft und Biotechnologie mit Fokus auf einzigartige Mechanismen optischer Sensorik, Kommunikation oder Energieumwandlung in der Natur und der Entwicklung von multifunktionalen optischen Materialien und Systemen. Seit Ende 2013 lehrt und forscht Mathias Kolle als Assistant Professor im Mechanical Engineering Department am Massachusetts Institute of Technology. Davor arbeitete er von 2010 bis 2013 als PostDoktorand und Alexander-von-Humboldt-Stipendiat bei Prof. Joanna Aizenberg in der School of Engineering and Applied Science an der Harvard University. Gefördert vom DAAD promovierte Mathias Kolle an der Cambridge University bei Prof. Ullrich Steiner in der Physik. Seine Doktorarbeit im Jahre 2011 wurde mit dem Dissertationspreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft gewürdigt und erschien in der Springer-Buchreihe „Springer Theses: Recognizing Out-standing Ph.D. Research“. Mathias Kolles Interesse an internationalen Forschungsinitiativen resultiert aus seinen Erfahrungen im trinationalen Studiengang der Physik „Saar-Lor-Lux“, eine Zusammenarbeit der Universität des Saarlandes, l’Université de Lorraine, Nancy, FR und der Université de Luxembourg (ci.physik.uni-saarland.de), im Rahmen dessen er 2006 sein Physikdiplom erhielt.
Volkswagen-Konzernforschung / Leiter der Unterabteilung „Automatisiertes Fahren“
Einführungsstrategie des Automatisierten Fahrens
Wesentliches Argument für die Einführung automatischer Fahrfunktionen ist die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie z.B. die Vermeidung von Verkehrsunfällen oder die Minderung von CO2-Emissionen, um nur einige zu nennen. Voraussetzung für die Einführung solcher Systeme ist ein klares und einheitliches Verständnis der unterschiedlichen Automationsgrade sowie deren Zuordnung auf konkrete Funktionen, ein realistisches Einführungsszenario ebenso wie die Bewältigung sowohl technischer als auch rechtlicher Herausforderungen.
Dieser Vortrag adressiert daher die klare Definition von Begrifflichkeiten für die unterschiedlichen Stufen der Automatischen Fahrzeugführung, wie diese kürzlich von VDA und SAE publiziert wurden. Er illustriert eine stufenweise Einführungsstrategie solcher Funktionen ausgehend von teilautomatischen Funktionen wie z.B. Stau- und Park-Assistent, gefolgt von automatischen Funktionen, bei denen sich der Fahrer unter bestimmten Voraussetzungen von der Fahraufgabe abwenden darf. Eine solche sog. Hochautomatische Fahrfunktion der ersten Generation ist z.B. der Stau-Chauffeur, gefolgt von Systemen der zweiten Generation wie z.B. dem Autobahn-Chauffeur oder dem Parkhaus-Piloten. Auch Roboter-Taxis sind theoretisch vorstellbar, jedoch erst in einer fernen Zukunft.
Im Folgenden werden technische Lösungsansätze sowie Status und Weiterarbeit zur Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine automatisierte Fahrzeugführung aufgezeigt.
Zur Person
Dr. Arne Bartels leitet seit 2006 in der Volkswagen-Konzernforschung die Unterabteilung „Automatisiertes Fahren“. Er ist Vorsitzender des VDA-Arbeitskreises „Automatisiertes Fahren“, war Mitglied der BASt-Arbeitsgruppe „Rechtsfolgen zunehmender Fahrzeugautomatisierung“ und entwickelte im Rahmen des EU-Förderprojektes HAVEit den sog. „Temporary Auto-Pilot“. Seine Wurzeln hat er in der VW Serienentwicklung, wo er von 2001 bis 2006 Fahrerassistenzsysteme von der Vorentwicklung bis zur Serienreife führte. Studiert und promoviert hat er an der TU Braunschweig im Fachbereich Elektrotechnik.

Max-Planck Institut für Hirnforschung, Frankfurt
Karten des Denkens: die Vermessung neuronaler Netzwerke
Unser Gehirn ist eine beeindruckende Errungenschaft: Es ermöglicht uns Freunde selbst unter schlechten Sichtverhältnissen wiederzuerkennen, unser Auto zu finden, auch abstrakte Muster zu unterscheiden. Das Ziel unserer Forschung ist zu verstehen, wie unser Gehirn zu solchen Aufgaben in der Lage ist. Strukturell ist eines der beeindruckendsten Phänomene unseres Nervensystems die enorm komplexe Kommunikation zwischen Milliarden von Nervenzellen. Jedes Neuron kommuniziert direkt mit mehr als eintausend an-deren Neuronen – das sind mehr Kommunikationspartner als die meisten Menschen haben!
Die Kommunikations-Struktur von Nervenzellnetzwerken zu kartieren und also die Kabel im Gehirn zu entwirren, ist das Ziel des neuen Forschungsfeldes ‚Connectomics‘. In diesem Vortrag wird Moritz Helmstaedter die neuesten Durchbrüche der Connectomics präsentieren, beginnend bei leistungsfähigen Elektronenmikroskopen bis hin zur Datenanalyse durch Mensch und Computer. Um die Datenanalyse für große Datensätze überhaupt zu ermöglichen, entwickelt Helmstaedters Forschungsabteilung wissenschaftliche Computerspiele mit dem Ziel, die Öffentlichkeit für die Forschung zu begeistern und zur Mithilfe zu motivieren. Die Neurowissenschaften wollen so einem Verständnis des erstaunlichen Computers näherkommen, der in unseren Köpfen operiert.
Zur Person
Geboren 1978 in Berlin. Ab 1998 Medizin- und Physikstudium an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg (Approbation als Arzt und Physik-Diplom). Doktorarbeit bei Nobelpreisträger Prof. Bert Sakmann am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg. Ebendort Post-Doc mit Prof. Winfried Denk. Von 2011 – 2014 Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Neurobiologie, München. Seit August 2014 wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main.
Nobelpreisträger für Medizin oder Physiologie 1991
Direktor Emeritus am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen
Ionenkanäle: Ihre Entdeckung und ihre Rolle in Physiologie, Pharmakologie und Pathophysiologie
Die Neuronen unseres Gehirns sind bevorzugte Angriffspunkte von Medikamenten. Insbesondere Oberflächenrezeptoren dieser Zellen und Ionenkanäle, welche den Ionentransport über die Zellmembran vermitteln, erfüllen wichtige Aufgaben in der Regulation der Zellfunktion. Relativ wenige Moleküle eines Wirkstoffes, der an diesen Strukturen ansetzt, können daher große pharmakologische Wirkung entfalten.
Die Untersuchung von Transport-relevanten Molekülen und ihrer Wirkmechanismen hat einen enormen Aufschwung genommen, nachdem in unserer Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit Bert Sakmann die ‚Patch-Clamp’-Methode entwickelt wurde. Diese Methode erlaubte es, die Strombeiträge einzelner Ionenkanäle in der elektrischen Messung aufzulösen und ganz allgemein Transportprozesse mit sehr viel höherer Genauigkeit zu studieren. Die Methode hat damit nicht nur das ‚Ionenkanalkonzept’ als Grundlage elektrische Erregbarkeit von Nerv -und Muskelzelle bewiesen, sondern die gesteigerte Messgenauigkeit zeigte auch auf, dass in nahezu allen Körperzellen verschiedenste Typen von Ionenkanälen eine Vielzahl diverser Aufgaben erfüllen. Es stellte sich heraus, dass
- Ionenkanäle Angriffspunkte für viele Medikamente sind, sowohl im positiven Sinn, als auch als Mediatoren von Nebenwirkungen,
- mutierte Ionenkanäle die Ursachen für eine Vielzahl von Erbkrankheiten darstellen (sog. Kanal-Pathologien),
- ganze Familien von Kanaltypen erst durch die verbesserte Messtechnik nachweisbar wurden.
Das Studium der gestörten Funktion bei Kanal-Pathologien, zusammen mit der Analyse der dabei auftretenden klinischen Manifestationen hat sich als äußerst interessante Möglichkeit erwiesen, die ‚Biologie des Menschen’ voranzutreiben, als Ergänzung zu Tiermodellen von Krankheitsbildern.
Der Vortrag wird über die ersten Messungen berichten, die zur Entdeckung der Ionenkanäle führten als auch Beispiele aus der gegenwärtigen Literatur über die hier genannten Aspekte der Forschung aufzeigen.
Zur Person
Erwin Neher studierte zunächst an der Technischen Universität München Physik, ging für ein Jahr an die University of Wisconsin, um Physik und Biophysik zu studieren, und schloss sein Studium 1967 mit dem Master ab. Nach seiner Promotion an der TU München arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Im Anschluss wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Von 1975 bis 1976 arbeitete er als Gastwissenschaftler an der Yale University am Department of Physiology in New Haven in Connecticut. 1989 war er als Fairchild Scholar am California Institute of Technology tätig.
Von April 1983 bis April 2009 war Erwin Neher Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Neben zahlreichen Ehrungen und Preisen erhielt er 1991 zusammen mit Prof. Bert Sakmann vom Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie.