Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, USA
Mathematische Physiologie und Medizinische Elektronik für die Neurointensivmedizin
Enorme Datenmengen werden täglich von Patienten in der Intensivmedizin erhoben. Zeitreihen wie das Elektrokardiogramm, der arterielle Blutdruck oder etwa der intrakranielle Druck werden oft kontinuierlich gemessen, auf einem Bildschirm in Echtzeit dargestellt und rudimentär analysiert. Diese Messdaten werden allerdings oft nur für kurze Zeit gespeichert und nicht weiter systematisch verarbeitet. Die Fülle der erhobenen Daten ermöglicht neue Analysemethoden, die – basierend auf einem Verständnis der relevanten physiologischen Zusammenhänge – verbesserte Patientenüberwachung erlaubt.
In diesem Vortrag wird versucht, den Vorteil der integrierten Datenanalyse der multimodalen klinischen Messreihen zu veranschaulichen. Als konkretes Beispiel aus der Neurointensivmedizin wird unter anderem die modellbasierte minimalinvasive Schätzung des intrakraniellen Drucks angeführt. Die Methodik verspricht nicht nur eine verbesserte Patientenüberwachung. Sie motiviert auch Erneuerungen in der Medizintechnik, basiert auf der Miniaturisierung der modernen integrierten Elektronik und illustriert das synergistische Zusammenspiel der modellgestützten Datenanalyse und der Entwicklung neuer Sensortechnologie. Die angeführte Methodik hat großes Verallgemeinerungspotential mit Anwendung in diversen Teilbereichen der Medizin.
Zur Person
Thomas Heldt begann seine Studien der Physik und Medizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Physik an der Yale University in New Haven (USA) und promovierte am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in dem interdisziplinären Studiengang der Medizinischen Physik des MIT und der Harvard Medical School. Er wurde 2013 als Professor für Elektro- und Biomedizinische Technik an das MIT berufen, wo er dem Institute for Medical Engineering and Science (IMES) und dem Department of Electrical Engineering and Computer Science angehört.
In seiner Forschungstätigkeit beschäftigt sich Thomas Heldt mit der mathematischen Modellierung physiologischer Prozesse und deren Anwendung in der computergestützten Intensiv- und Notfallmedizin, speziell in der Neurointensivmedizin und der Neonatologie. Im Rahmen des MIT Medical Electronic Device Realization Center interessiert ihn auch die Anwendung der integrierten Elektronik in der Patientenüberwachung zur Verbesserung der Diagnose und Therapie von Hirnkrankheiten.
Thomas Heldt war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und der Gottlieb-Daimler- und Karl Benz-Stiftung. Für seine Tätigkeit in der biomedizinischen Forschung erhielt er u. A. den Klee-Preis der Stiftung Familie Klee (Frankfurt a.M.), den „Most Innovative Research Award“ der Consortia for Improving Medicine with Innovation and Technology (USA) und wurde zum Leonard and Isabelle Goldenson Fellow der Harvard Medical School ernannt. Seine Lehrtätigkeit am MIT wurde mit dem 2016 Louis D. Smullin Award for Teaching Excellence ausgezeichnet.