Center for Ultracold Atoms, Research Laboratory of Electronics, and Department of Physics, Massachusetts Institute of Technology
Ultrakalte Quantengase als Modell-Materie
In einem Gas aus ultrakalten Atomen, nur einige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt und eine Million mal dünner als Luft, zeigen sich die vielfältigen Zustände der Materie in Reinstform. Starke Wechselwirkungen zwischen den Teilchen lassen das Gas zu einer „perfekten Flüssigkeit“ werden, wie man sie sonst nur bei den höchsten Temperaturen und Dichten in der „Ursuppe“ nach dem Urknall erwartet. Unterhalb einer kritischen Temperatur können sich die Teilchen sogar ohne jegliche Reibung fortbewegen, das Gas wird supraflüssig. Eingesperrt in Kristallen aus Laserlicht bilden die Atome einen künstlichen Festkörper, der isolierende, metallische und auch magnetische Eigenschaften zeigen kann. Mit neuartigen Mikroskopen kann dieses verschiedenartige Verhalten mit Einzelauflösung, Atom für Atom, sichtbar gemacht werden. Ein Ziel der Forschung ist, unser Verständnis der Hochtemperatur-Supraleiter und anderer komplexer Materialien zu verbessern. Dort sind Elektronen ebenso stark wechselwirkend wie die Atome im künstlichen Gitter, was die theoretische Berechnung extrem erschwert. Zum anderen darf man auf die Entdeckung neuer Zustände der Materie hoffen – mit noch ungeahnten Eigenschaften.
Zur Person
Martin Zwierlein studierte Physik an der Universität Bonn und an der Ecole Normale Supérieure in Paris und promovierte 2007 am MIT bei Wolfgang Ketterle über die Beobachtung der Supraflüssigkeit in atomaren Fermi-Gasen. Nach einem postdoc-Aufenthalt an der Universität Mainz wurde er 2007 Assistant Professor am MIT, wo er seit 2013 Professor of Physics ist. Er untersucht stark wechselwirkende Fermi-Gase aus Atomen und Molekülen. Diese Gase zeigen neue Zustände der Materie und eignen sich als ideale Modellsysteme für andere fermionische Systeme wie z.B. Neutronensterne oder Hochtemperatur-Supraleiter. Kern-Ziele der Forschung sind die Untersuchung des Fermi-Hubbard-Modells mit Einzelatomauflösung, neuartige Zustände in Fermi-Gasen mit ungleichen Spin-Dichten und in Gasen aus dipolaren Molekülen.
Er erhielt für seine Forschungen u.a. den Klung-Wilhelmy-Weberbank Preis (2007), die David and Lucile Packard Fellowship (2010), den Presidential Early Career Award for Scientists and Engineers (2010) sowie den I.I. Rabi Prize der American Physical Society (2017).