Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Greifswald
Energie aus der Fusion von Wasserstoff – ewiger Traum oder reale Perspektive?
Die Fusion von Wasserstoff ist eine fundamentale Primärenergie, die auf der Erde nur indirekt genutzt wird, nämlich über das Licht der Sonne. Es ist eine der größten Herausforderungen der Physik, diesen Fusionsprozess, der im Zentrum eines jeden Sterns kontinuierlich abläuft, auf der Erde und unter kontrollierten Bedingungen zu etablieren. Gerne wird gespottet: „seit 50 Jahren versprechen die Forscher ein Fusionskraftwerk in 50 Jahren“ – und dabei unterstellt, dass dieses Ziel unerreichbar sei. Tatsächlich ist die Aufgabe ausgesprochen schwierig, sowohl in Hinblick auf die Physik als auch technologisch. Der Fusionsprozess an sich ist fundamental und gut verstanden. Notorisch schwierig ist es jedoch, den für Energieüberschuss erforderlichen, extremen Materiezustand „Plasma“ im richtigen Regime und dauerhaft zu erzeugen. Auch die benötigten technischen Lösungen gehen an die Grenzen des Machbaren, müssen aber gleichzeitig ein wirtschaftlich sinnvolles Kraftwerk ermöglichen. Die Zielsetzung ist also alles andere als einfach, aber keinesfalls unmöglich oder gar hoffnungslos.
Dieser Vortrag führt in die Grundprinzipien der Fusion von Wasserstoff ein und erläutert die wichtigsten Konzepte. Der konzeptionelle Schwerpunkt liegt beim Einschluss des Plasmas mittels starker, ringförmiger, verschraubter magnetischer Felder. Die zughörigen Maschinen heißen „Tokamak“ und „Stellarator“ und werden hier im Detail erläutert. Der weltweit größte und modernste Stellarator „Wendelstein 7-X“ wurde über 25 Jahre am Max-Planck-Institut in Greifswald aufgebaut und befindet sich jetzt vor den entscheidenden Forschungskampagnen. Er verwendet 70 tonnenschwere, supraleitende Magnete und hat eine komplett wassergekühlte innere Wand, so dass erstmalig ein Wasserstoffplasma mit den erforderlichen Kenngrößen auf Dauer erzeugt werden kann. Der Vortrag geht auf die wichtigsten aktuellen Forschungsergebnisse ein und zeichnet eine Perspektive für die Fusion in einer künftigen CO₂-freien Versorgung der Welt mit Energie. Ein entscheidender Schritt ist dabei das internationale Tokamak-Experiment ITER, das getragen von der halben Weltbevölkerung jetzt in Südfrankreich aufgebaut wird.
Zur Person
Prof. Dr. Thomas Klinger, geboren 1965 in Eutin, studierte an der Universität Kiel Physik. Nach einem Forschungsaufenthalt in Frankreich promovierte er 1994 mit einer Arbeit zur Gasentladungsphysik. Als Hochschulassistent beschäftigte sich Klinger anschließend in Kiel mit Driftwellenturbulenz und nichtlinearen Plasmastrukturen. Nach Gastaufenthalten im Alfvén-Laboratorium in Stockholm, am Centre de Physique Théorique in Marseille sowie am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching habilitierte er sich 1998 mit einer Arbeit über „Steuerung von Plasmainstabilitäten“.
Kurz darauf wurde er zum Professor für Experimentelle Physik an der Universität Greifswald ernannt, deren Institut für Physik er von 2000 bis 2001 als Geschäftsführender Direktor leitete. Seit April 2001 ist er Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, Teilinstitut Greifswald, und Leiter des Bereichs „Stellarator-Dynamik und -Transport“ (früher „Experimentelle Plasmaphysik 5“). Im April 2002 wurde er er auf einen Lehrstuhl für Experimentelle Plasmaphysik an der Universität Greifswald berufen. Seit 2005 ist er Mitglied des Direktoriums des IPP und Wissenschaftlicher Leiter der Unternehmung „Wendelstein 7-X“.