¹ Universität des Saarlandes
² Universität des Saarlandes
Epigenetik im Kontext von Gesundheit und Erkrankungen
Alle Lebensprozesse sind im Genom und damit dem Code des Lebens festgeschrieben. Die genaue Steuerung des Genoms und der vielen darin kodierten Gene wird jedoch im Verlauf der Entwicklung reguliert. Die Erforschung dieser komplexen Regulation, d.h. wie in Milliarden von Zellen Gene bedarfsgerecht und zellgenau gesteuert – d.h. an- oder ausgeschaltet – werden, ist Gegenstand der epigenetischen Forschung. Der/die EpigenetikerIn entschlüsselt dabei, wie die Verpackungsstruktur der DNA in Chromosomen in einzelnen Zellen angepasst wird. Er/sie liest mit Hilfe neuer hochauflösender Sequenzier-Methoden diesen epigenetischen Code „überhalb“ der DNA aus und kann so Einblicke in die molekulare Steuerung der Gene in allen Zellen des Körpers erhalten. Diese Analysen zeigen nicht nur, wie korrekte Muster in Zellen aussehen, sondern auch, wie, wo und wann diese epigenetischen Muster verändert sind. Viele Forschungsergebnisse deuten an, dass Erkrankungen wie Krebs, aber auch andere komplexe Erkrankungen sowie Prozesse des Alterns durch epigenetische Musterveränderungen beeinflusst werden und diese teilweise ursächlich zur Erkrankung beitragen können.
Epigenetische Forschung ist daher in den vergangenen Jahren in das Zentrum der medizinischen Forschung gerückt, u.a. um ein besseres molekulares Verständnis und eine bessere Diagnose von Erkrankungen zu ermöglichen. Da epigenetische Muster auch wieder korrigierbar sind, bietet die Forschung zudem neue Möglichkeiten therapeutische Ansätze zu entwickeln.
In unserem zweigeteilten Vortrag werden wir kurz die Grundlagen der Epigenetik streifen und Einblicke in die Vermessung und Interpretation epigenetischer Muster bieten. Darüber hinaus werden wir die Bedeutung der medizinischen Epigenetik beleuchten und auf die Nutzung der Epigenetik für die Erforschung und für die Verbesserung von Früherkennung und Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson eingehen.
Zur den Personen
Julia Schulze-Hentrich studierte Biologie sowie Biologie/Chemie für das Lehramt an Gymnasien an den Universitäten Göttingen und Jena und verbrachte ein Forschungsjahr an der University of California, Berkeley. 2010 promovierte sie im Genetics Graduate Program der University of British Columbia, Vancouver. Seit 2011 war Frau Schulze-Hentrich zunächst PostDoc und leitete dann die Arbeitsgruppe „Epigenetik neurodegenerativer Erkrankungen” am Institut für Medizinische Genetik am Universitätsklinikum Tübingen. Seit 2023 ist sie Professorin am Lehrstuhl für Genetik/Epigenetik an der Universität des Saarlandes.
Jörn Erik Walter studierte Biologie in Darmstadt und Berlin, wo er 1987 an der Freien Universität sein Diplom erhielt und 1990 promovierte. Er war Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin, habilitierte 1999 an der Humboldt-Universität und war seit 2000 Uni-Prof. an der Universität des Saarlandes. Seit 2024 ist er hier Senior-Professor für Genetik/Epigenetik. Jörn Walter ist Co-Sprecher des Internationalen Humanen Epigenom Programs (IHEC), Mitglied der Academia Europaea, Mitgründer der Epigenomics AG, Berlin und stellv. Sprecher der AG Gentechnologiebericht am BIH, Berlin.